Kinder, wie die Zeit vergeht. Gerade erst geschlüpft, werden aus den Minis schon bald Midis. Äußere Zeichen: Sie sind handfester, unternehmungslustiger und unermüdlich auf Entdeckungsreise. Ja, die ersten Lebensjahre eines Kindes sind aufregend und voll Neuem. Doch Vorsicht vor voreiligem Handeln: Denn, wenn es um den Wechsel in ein nächstgrößeres Kindersitzsystem geht, ist Zurückhaltung geboten. Diesen „Entwicklungsschritt“ sollten Sie als Eltern so lange wie möglich hinauszögern.
Qual der Wahl – das passende Kinderrückhaltesystem
Bei den Mittleren gibt es im Wesentlichen drei Arten der Beförderung:
- Rückwärts gerichtet mit einem Hosenträgersystem. Viele dieser Sitze sind drehbar ausgeführt und können, bitte so spät wie möglich, auch vorwärtsgerichtet weiterverwendet werden.
- Bei den Vorwärtsgerichteten wird zwischen zwei Systemarten unterschieden. Es gibt jene mit integriertem Hosenträgergurt und Modelle mit einem sogenannten Fangtisch.
Alle drei Systemarten schützen Kinder im Ernstfall sehr gut. Den Unterschied zwischen schlecht und super, machen – wie so oft im Leben – nicht die Produkte selbst, sondern ihre AnwenderInnen aus. Selbst das bestbewertete System kann von Erwachsenen so schlecht im Fahrzeug befestigt, oder das Kind darin so nachlässig gesichert werden, dass auch der „Test-Sieger-Sitz“ sein Schutzpotential nicht entfalten kann.
So werden Sie zum „Testsieger der Anwendergruppe“ von Kinderschutzsystemen:
- Probieren Sie in Frage kommende Sitze unbedingt mit dem eigenen Kind im eigenen Auto aus.
- Lesen Sie Bedienungsanleitungen von Auto und Kindersitz wirklich aufmerksam durch.
- Wenn Sie ISOfix im Auto haben (Bedienungsanleitung), dann nutzen Sie das bitte nach Möglichkeit auch.
- Lassen Sie sich die Handhabung genau zeigen und erklären und versuchen Sie den Einbau wie auch die Sicherung des Kindes selbst.
- Beachten Sie, dass Sie auch im Zweitfahrzeug entweder den gleichen Sitz oder einen für dieses Fahrzeug sicherheitstechnisch gleichwertigen Sitz verwenden.
Was kostet ein guter Kindersitz?
Sollte die Frage nicht lieber lauten: Wie wertvoll ist Ihnen die Sicherheit Ihres Kindes? Oder, um es noch etwas drastischer zu formulieren: Wie viel darf es kosten, wenn Ihr Kind, im Fall einer Fahrzeugkollision – bei der das gewählte Schutzsystem kurzfristig mit dem 30-fachen Körpergewicht Ihres Kindes belastet wird – ohne Dauerfolgen überlebt?“
Zugegeben, die Preise für Kinderschutzsysteme können sich doch recht happig anfühlen.
Machen Sie sich jedoch bitte bewusst: Die Ausgaben für IHRE passive Sicherheit am FahrerInnen- oder BeifahrerInnen-Sitzplatz (Dreipunkt-Automatikgurt mit Gurtstraffer und -begrenzer, Front- und Seitenairbags, aktiver Kopfstütze und noch ein paar anderen Überlebenshelferleins) kosten, mindestens 1.500 EUR, pro Sitzplatz.
„Sind wir schon da?“
Ein heikles Thema ist auch immer wieder die Verweildauer im Sitz. Kinder im Alter zwischen 2 und 4 Jahren sind schon ziemlich flügge. Außerhalb des Fahrzeugs sind sie mit allen möglichen Mobilitätsformen wie klettern, rutschen, laufen, gehen, kriechen usw. beschäftigt. Im Auto, müssen sie zwangsweise stillhalten. Während die Eltern mehrheitlich die gemeinsame Fortbewegung genießen oder sich sogar entspannen können, wird der Nachwuchs minütlich ungeduldiger.
Zudem kommen die Kleinen ja auf fast alles drauf. So auch auf den netten roten Knopf, den Mama immer drückt, wenn sie das Gurtsystem öffnet. Die Verführung ist groß und der Wille auch.
So geschieht es immer wieder, dass sich Kinder rund ums dritte Lebensjahr willkürlich selbst abschnallen und überraschend auf einmal zwischen den Sitzen stehen. Oder sie rutschen wie die Entfesselungskünstler aus ihren Schultergurten heraus.
Wenn das, das erste Mal passiert. Kein Problem. Einfach an der nächstbesten Stelle halten, mit ernster Miene erklären, dass das gefährlich ist, niemand im Auto unangeschnallt mitfahren darf und das Kind wieder korrekt sichern.
Rein technisch ist die Sache ja nicht zu lösen. Zwar bietet der Weltmarkt einige Klammern, Schützer und sonstige „Hilfen“ an, aber nichts davon taugt wirklich. Und das eigentliche Problem dahinter ist und bleibt ein erzieherisches. Ihr Kind muss ja in seinem jungen Leben einige Dinge tun (Zähneputzen, Schlafengehen), die ihm gegen den Strich gehen. Dass im Auto alle immer angeschnallt sind, gehört hier dazu.
Wenn also ihr Kind den Aufstand probt, dann hilft hier nur elterliche Konsequenz, denn den Schlüssel zum Autofahren haben ja noch immer Sie, liebe Eltern, in der Hand. Und ein Kind, dass sich nicht anschnallen lässt oder sich während der Fahrt einfach abschnallt, das darf nicht mehr mitfahren. Schon nach kurzer „Quarantäne“ kommen die lieben Kleinen schnell drauf, dass Autofahren halt schon bequemer ist und man mehr (z.B. Spielsachen) mitnehmen kann. Allerdings kann es auch gut sein, dass Ihr Kind es genießt sich zu Fuß oder mit dem Fahrradanhänger viel freier und aktiver bewegen zu können und es die „Ungemach“ freudig in Kauf nimmt.
Im Grunde ist nämlich das Abschnallen zumeist ein Anzeichen für „mir reichts“. Genug rumgesessen und dumm geschaut. Jetzt muss wieder Action passieren, sonst passiert was.
Auch in der kalten Jahreszeit sicher unterwegs
Zum Drüberstreuen noch so ein, fast nicht ausrottbarer Fehler beim Sichern von Kindern, vor allem in der kalten Jahreszeit. Die Kleinen tragen dann zumeist dicke Daunenjacken oder mehrere Schichten übereinander.
Die goldene Regel des guten Angurtens lautet (für alle Insassen): „Keine dick auftragende Kleidung zwischen Gurt und Körper!“
Dicke Kleidung zwischen Gurt und Körper verringert nachweisbar die Schutzleistung nahezu jedes Rückhaltesystems. Daher gilt: Vor dem Einsteigen bitte die Jacken öffnen. Beim Angurten darauf achten, dass sich vor allem im Bereich des Beckens, nach Möglichkeit auch im Schulterbereich, keine auftragenden Kleidungsstücke zwischen Gurt und Körper befinden. Hauben, Handschuhe und dicke Winterstiefel sind hingegen kein Problem.
Zur Erinnerung: Auch für den Wechsel in die nächstgrößeren Kindersitze gilt, so spät wie möglich.
Joachim Rauch
Vater von drei Kindern, Fachbereich: Bildungseinrichtungen, AUVA – Prävention, Institution: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), www.auva.at/schule
„Die Großen“
Der wesentliche Unterschied zu allen früheren Schutzsystemen ist, dass ab nun der Fahrzeuggurt das Kind zurückhält. Wann ist der richtige Zeitpunkt, um in dieses nächstgrößere Kindersitzsystem zu wechseln?
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