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Kinder auf Fernreisen

von Univ.-Prof. Dr. Herwig Kollaritsch, DTM, ZRM

Elternbildung
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Der Reisemediziner wird sehr oft mit der Frage konfrontiert, inwieweit es möglich und sinnvoll ist, Kinder auf Fernreisen mitzunehmen.

Aus rein ärztlicher Sicht ergibt sich diese Problemstellung in erster Linie in Hinblick auf wahrscheinlich erforderliche Impfungen und die Notwendigkeit einer Malariaprophylaxe, also Dinge, von denen man gemeinhin annimmt, dass sie für ein Kind belastend sein könnten. Dazu ist aber vorab ganz allgemein zu bemerken, dass spezifische Vorbeugemaßnahmen, wie sie im internationalen Reiseverkehr üblich sind, für den gesunden kindlichen Organismus sicher keine außergewöhnliche Belastung darstellen.

Von wesentlicher Bedeutung ist natürlich das Alter des auf die Reise mitzunehmenden Kindes. Dementsprechend sind die reisemedizinischen Empfehlungen in drei Altersgruppen aufgegliedert.

1. Kinder bis zum vollendeten ersten LebensjahrElternbildung

In dieser Altersgruppe sind Fernreisen sicherlich mit den größten Problemen verbunden. Grundsätzlich ist davon abzuraten, mit Säuglingen im ersten Lebensjahr in jenen Gebieten den Urlaub zu verbringen, in denen die medizinische Versorgung merklich unter dem europäischen Standard liegt. Dies ist insbesonders für die stark wachsende Gruppe von sogenannten „VFR’s“ („visiting friends and relatives“, Personen, die selbst oder deren Verwandte aus einem Fremdland mit niedrigem Standard stammen und die auf Besuch quasi „nach Hause fahren“) relevant, da hier das Risikoverständnis völlig fehlt.
Damit scheiden praktisch alle besonders ressourcenarme Länder als Reiseziele aus. Dieser Ratschlag klingt zwar im ersten Moment etwas hart, ist aber darin begründet, dass für Säuglinge bereits die meisten, für den Erwachsenen als völlig banal zu wertenden Gesundheitsstörungen zu ernsten, ja sogar zu lebensbedrohlichen Zustandsbildern führen können. Als typisches Beispiel hierfür ist die gerade unterwegs so häufig auftretende akute Durchfallerkrankung (Reisediarrhöe) zu nennen. Kinder dieses Alters sind von einer konstanten Zufuhr an in Relation zum Körpergewicht sehr großen Mengen an Flüssigkeits- und Nährstoffen außerordentlich stark abhängig, und jede Ernährungsstörung kann schwere Folgen haben: Bereits ein kurzer Durchfall, bei Kleinkindern häufig mit Erbrechen verbunden, kann zu erheblichen Flüssigkeits- und auch Elektrolytverlusten mit der Gefahr einer Dehydratation und sogar einer aufkommenden Toxikose führen, sodass zur Behandlung unbedingt ein entsprechend ausgebildeter Arzt aufzusuchen ist. Dieser muss dann auch in der Lage sein, die Situation diagnostisch zu evaluieren und zumindest eine Infusionstherapie vorzunehmen. Allerdings ist die parenterale Behandlung in Ländern mit schlechter medizinischer Versorgung oft riskant, unter Umständen sogar überhaupt unmöglich.

Aber auch viele andere Gesundheitsstörungen, wie plötzlich einsetzende, hochfiebernde Zustände jeglicher Ursache, allergische Hautausschläge und schwere katarrhalische Infekte, können eine pädiatrische Intervention erforderlich machen, die in vielen Gebieten der sogenannten Dritten Welt nicht erreichbar ist. Die Eltern sind in derartigen Situationen mit ihren kleinen Kindern hilflos, sie fühlen sich alleingelassen und geraten verständlicherweise leicht in Panik. Tatsächlich ist es – etwa bei einem dann rasch in die Wege geleiteten Notruf in die Heimat – selbst für einen geschulten Außenstehenden nicht leicht, die Gefährlichkeit der Situation einzuschätzen, namentlich da zusätzliche unkalkulierbare Faktoren, wie die Hitzebelastung, die Transportmöglichkeiten in die nächste größere Stadt und vor allem die Qualität der örtlichen medizinischen Versorgung kaum abzuschätzen sind.

Nicht zuletzt muss man bedenken, dass bei Kindern vor Vollendung des ersten Lebensjahres in vielen Fällen ein optimaler reisemedizinischer Schutz im Sinne von Impfungen nicht möglich ist. Es sind ja in diesem Lebensalter viele der üblichen Kinderimpfungen noch nicht vervollständigt, das heißt, sogar hinsichtlich der notwendigen Basisimpfungen ist nur ein teilweiser Schutz gegeben. Außerdem können viele Reiseimpfungen, die für den Erwachsenen selbstverständlich sind, einfach noch nicht verabreicht werden. Gleichermaßen stößt die gegebenenfalls erforderliche medikamentöse Malariaprophylaxe auf Schwierigkeiten, schon allein deshalb, weil man einem Kind unter einem Jahr die präparateabhängig oft sehr bitter schmeckenden Tabletten kaum wird verabreichen können.

Aus dem Gesagten ist abzuleiten, dass sich Reisen mit Kindern im ersten Lebensjahr – aus touristikmedizinischer Sicht – am besten auf den westeuropäischen Raum (inklusive Griechenland) beschränken sollten, wo auch eine zu starke Hitzebelastung vermieden werden kann. Bereits die Türkei ist – namentlich wegen der hohen Durchfallwahrscheinlichkeit – als problematisch einzustufen. Lange Flugreisen sind Kindern in diesem Alter ebenfalls nur schwer zumutbar.

2. Kinder vom zweiten Lebensjahr bis zum VolksschulalterElternbildung

Grundsätzlich stellen Fernreisen auch für Kinder in dieser Altersgruppe noch ein gewisses Risiko dar, dieses ist jedoch deutlich besser kalkulierbar als bei Kindern unter einem Jahr. Etwa bis zum dritten Lebensjahr ist bei Reisen in Ländern mit sehr niedrigem Hygienestandard oder sehr mangelhafter medizinischer Versorgung noch immer Vorsicht geboten. Hier sind dieselben Risikokonstellationen gegeben und daher dieselben Einschränkungen gültig wie für Kinder unter einem Jahr. Überdies werden individualtouristische oder reine Besichtigungsreisen mit häufigem Standortwechsel für Kinder in diesem Lebensabschnitt eine erhebliche Belastung darstellen, ganz abgesehen von den medizinischen Problemen im Krankheitsfall. Seitens der üblichen Prophylaxemaßnahmen und Impfungen sind Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr wesentlich besser zu betreuen, die meisten Impfungen können durchgeführt werden, und auch eine medikamentöse Malariaprophylaxe wird eher akzeptiert.

Freilich – und dies gilt wiederum vor allem für Kinder unter drei Jahren – stellt der Nachwuchs, der in diesem Alter dauernd beaufsichtigt, beobachtet und betreut werden muss, die Eltern vor sehr hohe Anforderungen und damit unter Umständen sogar den gesamten Urlaubserfolg in Frage. Da die Kleinen dazu neigen, alles was ihnen in die Hände kommt, auch in den Mund zu stecken, ist gerade in Ländern mit einer schlechten Hygienesituation eine nahezu ununterbrochene Aufsicht nötig. Außerdem steigt die Unfallgefahr signifikant an: Gifttierbisse, Hundeattacken, Freizeitunfälle.

Aus der Sicht des Reisemediziners wären somit für Kinder zwischen dem vollendeten ersten und dem vollendeten dritten Lebensjahr vor allem Cluburlaube zu empfehlen, und zwar in touristisch gut erschlossenen Gebieten, wie zum Beispiel in der Türkei, außerhalb Europas auf den Badeinseln Thailands, in der Dominikanischen Republik etc. Der kindliche Stoffwechsel ist jedoch noch labil, und es ist zu bedenken, dass durch die Angewohnheit, den Durst im heißen Klima durch ungewohnt große und vorzugsweise sehr kalte Flüssigkeitsmengen zu stillen, der ohnehin schon belastete Verdauungstrakt leicht überfordert ist.

Kinder jenseits des dritten Lebensjahres wiederum sind – was Reisen anlangt – um vieles unproblematischer. Sie können im allgemeinen ohne wesentliche Einschränkungen alle erforderlichen Reiseimpfungen erhalten, sie verkraften banale Infekte bereits erheblich besser als in den ersten Jahren, und außerdem verstehen sie schon recht gut, worauf sie aufpassen müssen und was sie nicht tun dürfen, wenn sie nur entsprechend instruiert werden.

Da die Kinder besonders gerne im Freien spielen, ist durchgehend auf einen adäquaten Sonnenschutz und Mückenschutz zu achten. Regelmäßiges Auftragen von Sonnencremes mit sehr hohem Lichtschutzfaktor und eine Kopfbedeckung sollten unabdingbare Voraussetzungen für das Spielen im Sand sein. Dabei darf auch eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr nicht vergessen werden. Mückenschutz muss mit für diese Altersgruppe zugelassenen Präparaten erfolgen. Auch tagsüber sollte an dies gedacht werden, vor allem in Ländern in denen das sogenannte Denguefieber heimisch ist, das durch tag- und nachtaktive Stechmücken übertragen wird.

Bei Kindern zwischen dem zweiten und dem sechsten Lebensjahr sollte man jedoch noch ein wenig Augenmerk auf das Zumutbare – auch im Hinblick auf die Dauer der Flugreise – walten lassen und (nicht zuletzt im eigenen Interesse) danach trachten, dass der gesamte Urlaub möglichst kindgerecht gestaltet wird.

3. Schulkinder und JugendlicheElternbildung

Die reisemedizinische Vorbereitung von Schulkindern und Jugendlichen ist im Wesentlichen bereits jener des Erwachsenen gleichzusetzen. Grundsätzlich bestehen in diesem Alter auch keine Einschränkungen mehr bei der Auswahl des Reisezieles, allerdings sollte man sicherheitshalber Destinationen mit sehr großen Anforderungen an den Organismus vermeiden, etwa extreme Höhenlagen wegen der Vasolabilität der Jugendlichen, belastende Safaris oder schwieriges Trecking. Allerdings wird man sich dabei maßgeblich nach der individuellen Entwicklungsstufe des einzelnen Kindes richten, welche in diesem Altersabschnitt starke Unterschiede aufweisen kann.

Plant man eine Besichtigungs- beziehungsweise Kulturreise, dann sollte man nicht verabsäumen, durch entsprechende Vorinformationen und Gespräche die Interessen der Kinder zu wecken, denn das Aufsuchen von historischen Stätten und kultureller Wissensdurst sind bekanntlich zumeist keine primären Anliegen der Jugend.

Gerade bei Kindern im Schulalter sollte auf die Wichtigkeit der lege artis vorgenommenen spezifischen Prophylaxemaßnahmen hingewiesen werden. Immer wieder wird in den Schulen nach der Rückkehr aus dem Sommerurlaub zur Herbstzeit eine Häufung von Hepatitis-A-Fällen bis hin zu kleineren Endemien in einzelnen Klassen beobachtet als Folge der nicht durchgeführten, reisemedizinisch aber notwendigen Hepatitis A-Prophylaxe vor dem Sommerurlaub. Die Unterlassung dieser Impfung ist besonders unverantwortlich, weil dadurch nicht nur das eigene Kind an einer prinzipiell vermeidbaren Infektion erkrankt, sondern auch primär unbeteiligte Mitschüler gefährdet werden.

Generell sollte man sich also vor einem Familienurlaub mit den Kindern das Reiseziel genau überlegen und das Alter, die Konstitution und die Interessen des Nachwuchses miteinplanen. Der Urlaub ist eine im Jahr einmalige Episode, in die alle Beteiligten höchste Erwartungen setzen, und gerade der so bedeutsame Erholungswert dieser wichtigen Regenerationsphase kann bei Auswahl eines ungünstigen Reisezieles empfindlich leiden – woraus nicht zuletzt in aller Regel erhebliche intrafamiliäre Spannungen erwachsen. Es lohnt sich daher, in die sorgfältige Planung einige Zeit zu investieren und unter Rücksichtnahme speziell auf die jüngsten Reiseteilnehmer wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen. Ganz allgemein ist auch der Abschluss einer Stornoversicherung zu empfehlen, zumal Kinder wesentlich häufiger erkranken als Erwachsene.

Bei der Reiseplanung ist überdies zu bedenken, dass Kinder sehr unter der Monotonie und der Bewegungseinschränkung im Reisemittel (Flugzeug etc.) leiden. Auch eine bekannte Neigung des Kindes zur Reisekrankheit sollte beachtet werden, wobei Kinetosen besonders zwischen dem Vorschulalter und dem achten Lebensjahr auftreten.

Bei Flugreisen empfiehlt es sich, den Kindern knapp vor Beginn des Landeanfluges einen Kaugummi anzubieten, damit durch das wiederholte Kauen über die Eustachische Röhre ein Druckausgleich ins Mittelohr erfolgen kann und kein Barotrauma (Barotitis) auftritt.

Beabsichtigt man mit einem Kind zu reisen, welches sehr krankheitsanfällig ist oder welches unter einer schon bekannten Vorerkrankung leidet, dann wird es unumgänglich sein, sich vorher mit einem Pädiater seines Vertrauens zu beraten.


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