Schwangerschaft, Geburt, die ersten Wochen und Monate mit dem Baby sind Zeiten großer Veränderungen. Neben den körperlichen Anpassungen ist die Geburt eines Babys immer auch von großen Umstellungen im Leben des Paars bzw. der Familie begleitet. Der neue Lebensabschnitt bringt große Freude und Glück mit sich, kann aber auch zu einer großen Belastung der Frau bzw. des Paars führen.
Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt – Ambivalenz und Gefühlschaos. Die meisten Frauen erleben bereits in der Schwangerschaft ein Wechselbad der Gefühle. Freude, Zuversicht und Glücksgefühle mischen sich mit Gefühlen wie Zweifel, Sorgen und Ängstlichkeit. Positive wie auch negative Gefühle sind völlig normal. Sie sind bedeutend für eine gründliche Auseinandersetzung mit den bevorstehenden Veränderungen und Teil der Vorbereitung auf die Geburt sowie das Leben mit dem Baby.
Auch die erste Zeit nach der Geburt ist meist von Stimmungsschwankungen und Gefühlschaos begleitet. Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt – die Gefühle können während des Baby Blues in den ersten Tagen des Wochenbetts völlig verrücktspielen und im Minutentakt wechseln. Charakteristischerweise sind diese so genannten „Heultage“ in der ersten Woche nach der Geburt, welche jedoch rasch vorüber gehen, geprägt von Weinen ohne wirklichen Grund, Angst oder Ungeduld. Von dieser Reaktion betroffen sind rund 75% aller frischgebackenen Mütter.
Postpartale Depression und postpartale Psychose
Während es sich beim Baby Blues um eine physiologische Stimmungslabilität im Wochenbett handelt, sind die postpartale Depression und die postpartale Psychose ernstzunehmende Erkrankungen, die einer Behandlung bedürfen.
Eine postpartale Depression (Depression nach der Geburt) tritt in den ersten Monaten bzw. im ersten Jahr nach der Geburt auf . Sie ist mit einem Vorkommen bei rund 15% aller Frauen doch relativ häufig. Typische Symptome sind ein tiefes Traurigkeitsgefühl, zwanghafte Gedanken und Vermeidungsverhalten. Betroffene Frauen verlassen oft kaum mehr das Haus, fühlen sich überfordert und unglücklich. Diese psychischen Anzeichen können auch von körperlichen Symptomen wie Herzrasen und Herzschmerzen, abwechselnden Hitze- und Kältegefühlen, Schwindel und Zittern begleitet sein. Spätestens wenn das Gefühl aufkommt, den Alltag nicht mehr bewältigen zu können, ist eine Behandlung erforderlich.
Bei einer postpartalen Psychose handelt es sich um eine schwere psychische Erkrankung in den ersten Monaten nach der Geburt, die von manischen, schizoaffektiven, schizophrenen und atypischen Phasen geprägt sein kann. Diese Erkrankung betrifft nur rund 1% der Frauen und muss unbedingt ärztlich behandelt werden.
Psychische und soziale Belastungen als Risikofaktor
Psychische und soziale Belastungen, sowohl in der Schwangerschaft als auch nach der Geburt, stellen erhebliche Risikofaktoren für die Entwicklung depressiver Erkrankungen dar. So zählen unter anderem psychiatrische bzw. depressive Erkrankungen in der Vorgeschichte, große Angst während der Schwangerschaft und frühere Gewalterfahrungen, aber auch Stress, mangelnde soziale Unterstützung und Probleme in der Partnerbeziehung bzw. Partnerlosigkeit zu den Risikofaktoren der postpartalen Depression. Auch eine schwierige Geburt oder ein anspruchsvolles Baby können die Entstehung einer Depression fördern.
Information und Vernetzung als Maßnahmen zur Prävention
Das Wiener Programm für Frauengesundheit hat es sich zum Ziel gesetzt, Maßnahmen zu setzen, die die Früherkennung, Beobachtung und Unterstützung von Schwangeren, die Risikofaktoren aufweisen, ermöglichen. Der Entstehung einer depressiven Erkrankung soll möglichst frühzeitig entgegengewirkt werden.
In den Jahren 2001 bis 2003 wurde vom Wiener Programm für Frauengesundheitheit ein Pilotprojekt zur Prävention von PPD durchgeführt. Ziel war die Thematisierung von postpartaler Depression in der Betreuung der Frauen in der Schwangerschaft und nach der Geburt zu verstärken und psychosozial belasteten Frauen rechtzeitig durch Beratung und Unterstützung zu helfen.
Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass Screenings eine wirksame Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung bestehender Risikofaktoren sind. Frühe Betreuungsinterventionen tragen zur Prävention der Entstehung einer postpartalen Depression bei und werden von den betroffenen Frauen gut angenommen.
Um eine Nachhaltigkeit des Projektes zu gewährleisten, werden Leitlinien für die psychosoziale Schwangerenbetreuung wurden entwickelt. Informationsbroschüren für Mütter, Partner, Angehörige sowie für ExpertInnen werden vom Wiener Programm für Frauengesundheit zur Verfügung gestellt. Seit 2004 existiert das Netzwerk „perinatale Krisen“ und es werden regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen organisiert.
Die Informationsbroschüre „…eigentlich sollte ich glücklich sein…“ ist ein Ratgeber für Mütter, Partner und Angehörige mit Informationen über psychische und soziale Belastungen in der Schwangerschaft und nach der Geburt. Es werden Tipps zur Vorbeugung und frühen Erkennung depressiver Erkrankungen sowie zahlreiche Kontaktadressen zur Beratung und Hilfestellung beschrieben.
Wien: http://www.diesie.at/downloads/broschueren/PPD-Broschuere-Web2012.pdf
Österreich: http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/4/7/4/CH1452/CMS1382013027178/ratgeberppd.pdf
Die Broschüre Mutterglück – glückliche Mutter? richtet sich an ExpertInnen und beinhaltet ein Adressverzeichnis zur Weitervermittlung von Frauen mit postpartalen Depressionen bzw psychosozialen Krisen in Wien.
http://www.diesie.at/downloads/broschueren/PPD-Kontaktstverz-Web-einzeln2012.pdf
Das interdisziplinäre Netzwerk „perinatale Krisen“, bestehend aus rund 30 ExpertInnen unterschiedlicher Professionen und Einrichtungen, kommt in regelmäßigen Treffen zusammen. Es ermöglicht die Vernetzung zwischen den einzelnen Berufsgruppen und Institutionen sowie den Austausch von Know-how und Informationen.
Seit der Gründung im Jahr 2006 werden in der Elternambulanz für perinatale Krisen im Wilhelminenspital psychologische und Sozialberatung in Deutsch und Türkisch, Orientierungsgespräche und Krisenintervention angeboten.
Psychische Erkrankungen rund um Schwangerschaft und Geburt stellen nicht nur für die Mutter, sondern auch für das Neugeborene ein großes Problem dar. Eine psychisch kranke Mutter kann nicht adäquat auf die Signale und Bedürfnisse ihres Babys reagieren, was eine Störung der Interaktion zur Folge hat. Dies wiederum beeinflusst die Entwicklung des Neugeborenen negativ und kann sich auch langfristig auf die Bindung zwischen Mutter und Kind auswirken. Die Prävention perinataler psychischer Erkrankungen ist daher auch für die psychische Gesundheit der nachfolgenden Generation von großer Bedeutung!
Das Wiener Programm für Frauengesundheit bietet Informationen für Interessierte, Betroffene sowie ExpertInnen und organisiert regelmäßige ExpertInnen-Sitzungen des „Netzwerk Perinatale Krisen“
www.frauengesundheit-wien.at
frauengesundheit@ma15.wien.gv.at
Tel. (+43 1) 40 00-871 62
Christine Kügerl
Dipl. Ehe-, Familien- und Lebensberaterin, Eltern-, Säuglings- und Kleinkindberatung, Dipl. Elternbildnerin, Ausbildungsreferentin, Dipl. Gesundheits- und Krankenschwester, Mitarbeit bei elternweb2go.
Das Wochenbett
Das Wochenbett ist für die Frau von der hormonellen Umstellung und den körperlichen Geburtsfolgen geprägt. Für Mutter und Vater ist es eine Zeit des Vertrautwerdens mit dem Baby und der neuen Situation. Für die Frau soll das Wochenbett eine Zeit der Schonung sein, und für beide Eltern ein sanfter Übergang von der Schwangerschaft zur Elternschaft. Das Wochenbett ist somit nicht mit dem Krankenhausaufenthalt beendet sondern dauert 6 bis 8 Wochen. Gönnen Sie sich diese Zeit der Umstellung.
Kommentare
Derzeit gibt es noch keine Kommentare zu dieser Stimme