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Die Angst, als Rabenmutter zu gelten

Elternbildung
Elternbildung
Elternbildung

Für Frauen in beruflichen Spitzenpositionen ist eine Vereinbarkeit von Familie und Erwerb in dem Sinn nicht möglich, „dass regelmäßig kindbezogene Alltagsarbeit und eine kontinuierliche Entwicklungsbegleitung der Kinder durch sie geleistet werden“, stellt die Autorin Marianne Dierks in ihrer qualitativen Studie fest. Die Erziehungsarbeit wird zu einem großen Teil abgegeben oder ab dem mittleren Alter der Kinder sehr eingeschränkt. Diese „Wirklichkeit“
wird aber von den betroffenen Frauen nach außen hin gern verleugnet.

Der Widerspruch zwischen verbaler und handelnder Ebene der Interviewpartnerinnen deutet auf
den nachrangigen Stellenwert der Reproduktionsarbeit in unserer Gesellschaft hin. Auf der Handlungsebene haben Frauen in beruflichen Spitzenpositionen Hausarbeit und Kindererziehung weitgehend abgegeben, können sich aber gedanklich nicht davon entfernen, meint die Autorin. Das tradierte Mutterbild ist so stark, dass das Bild der „Vereinbarung“ von Familie und Erwerb von den Akteurinnen selbst aufrechterhalten wird. Diese in der Öffentlichkeit bewusst unterlassene Distanzierung von der Alltagsarbeit für Kinder entwertet diese von Eltern, in erster Linie von Müttern geleisteten Arbeit, und damit alle, die diese kontinuierlich verrichten. So stellt sich die Frage zu Recht, was diese Arbeit wert sein kann, wenn es anderen Frauen gelingt, daneben auch noch beruflich engagiert und erfolgreich zu sein.

„Es fehlt an lebbaren und gesellschaftlich breit akzeptierten geschlechtergerechten Elternbildern, es fehlt an gesellschaftlichen Lösungen für eine (lebensperspektivische) Verknüpfung von Elternschaft und beruflichem Engagement für Frauen“, stellt Dierks fest.
Es scheint, als würden erwerbstätige Mütter sich ständig bemühen, den Vorwurf der „Rabenmutter“ abzuwehren. Hinzu kommt, dass Gelingendes oft als individueller Erfolg und Misslingendes als individueller Misserfolg gesehen wird. Individuell sind auch die Strategien,

die angewendet werden, um den Alltag in der Familie und den gesellschaftlichen Konflikt zwischen Erwerbsarbeit und Haus- und Erziehungsarbeit zu meistern, führt die Autorin an.

Auch von ihren Ehemännern können sich beruflich qualifizierte Frauen kaum Unterstützung erwarten, zeigt die Studie. Eine Beteiligung der Männer an der Hausarbeit gelingt nur, wenn dadurch nicht die männliche Identität gefährdet wird bzw. die Geschlechterbalance in der Paarbeziehung erhalten werden kann. Die Studie verdeutlicht, dass in keinem Fall der Ehemann und Vater mehr Hausarbeit allein aus dem Grund verrichtet, dass die Frau eine berufliche Spitzenposition inne hat. Die Haus- und Erziehungsarbeit wird zum Teil von öffentlichen
Betreuungseinrichtungen oder privaten Hausangestellten übernommen. Das setzt allerdings eine finanziell privilegierte Situation voraus.

Jede Phase hat ihre Probleme
Wie verlaufen nun die einzelnen Familienphasen? In der Zeit der Schwangerschaft bis ein Jahr nach der Geburt spielen die Rahmenbedingungen für eine Verknüpfung mit beruflichem Engagement eine wichtige Rolle. Die mütterliche Erwerbstätigkeit muss gesellschaftlich wie auch vom Dienstgeber akzeptiert sein. Bei der Erwerbsarbeit muss zeitliche Flexibilität möglich sein. Die Kleinkindphase kann mit Unterstützung anderer Personen gut bewältigt werden, es herrscht aber ein starker Rechtfertigungsdruck vor. Auch ältere Geschwister übernehmen
Betreuungsarbeiten. Bis in die mittlere Kindheit der Kinder gestaltet sich die Erziehungsarbeit weniger problematisch, vor allem wenn eine weitere Bezugsperson wie beispielsweise die Großmutter zur Verfügung steht. In der Schulzeit kommt das Problem fehlender Betreuungsangebote am Nachmittag hinzu. Kann die Schulbegleitung nicht von anderen Personen übernommen werden, so kann es zu schulischen Leistungseinbußen kommen.

Generell zeigt sich in Familien, in denen beide Elternteile voll erwerbstätig sind, dass die regelmäßige innerfamiliäre Kontakt- und Beziehungspflege zu kurz kommt, befindet die Autorin. Als Rechtfertigung für dieses „ausgedünnte Familienleben“ wird gerne die Selbstständigkeitsentwicklung der Jugendlichen angeführt. Spätestens in Krisensituationen zeigt sich aber, dass die Eltern eine wichtige Anlaufstelle für ihre jugendlichen Kinder bleiben. Auch bei der Berufsfindung der Kinder zeigen sich die Eltern trotz Zeitmangels sehr engagiert, was wohl daran liegt, dass der Beruf in diesen Familien einen hohen Stellenwert einnimmt. Dauerüberlastung und Zeitkonflikte der Mütter sowie die Übernahme familialer Arbeit durch die

älteren Kinder prägen das Bild in Doppelverdiener- Haushalten. Marianne Dierks führt in ihrer Arbeit zwei Bewältigungsstrategien an:

· Absenkung des Leistungsniveaus bei materieller Haus-, Unterstützungs- und Erziehungsarbeit: Das Erziehungsziel ist die „Förderung der Selbstständigkeit“ des Kindes, um elterliche Erziehungsbegleitung reduzieren bzw. weitgehend einstellen zu können

· Übernahme von Strukturen der Erwerbsarbeit im häuslichen Alltag: Die Erziehungsarbeit konzentriert sich vermehrt auf materielle Versorgung des Kindes und weniger auf die
Beziehungsarbeit. Mutterschaft wird bei qualifizierter Vollerwerbstätigkeit eher rational und
funktional als gefühlsbetont gestaltet.

Vereinbarkeit für alle
Dierks fordert deutliche Impulse von Gleichstellungspolitik und Geschlechterforschung,

um ein öffentliches Bewusstsein für die Notwendigkeit von Haus- und Erziehungsarbeit in Familien zu schaffen. In Folge sollen Zeitbalancen zwischen Erwerb und Familie entwickelt werden, die eine zufriedenstellende Verknüpfung von Elternschaft und beruflichem Engagement für beide Geschlechter ermöglichen. Angelehnt an Modelle in Schweden und Norwegen
schlägt Dierk vor, 80 % des Nettogehalts als Lohnersatz für Elternarbeit für etwa ein Jahr auszuzahlen. Damit erfolgt eine Aufwertung der Erziehungsarbeit, was eine wichtige politische
Aussage wäre, um Haus- und Erziehungsarbeit und Erwerbsarbeit gleichwertig zu gewichten.
Andererseits wird diese Regelung auch gerne dahingehend kritisiert, dass sie Besserverdienende begünstigt und dadurch die soziale Gerechtigkeit gefährdet. Dennoch müssen Lösungen gefunden werden, die auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in qualifizierten Berufen eine Balance zwischen Erwerb und Familie ermöglichen, fordert die Autorin. Folgende Punkte sind dabei zu beachten:

· Garantie, dass Zeit für Erziehungsarbeit eingeräumt wird
· Sicherstellung, dass diejenigen, die sich für die Verrichtung kindorientierter Alltagsarbeiten entscheiden, nicht wirtschaftlich diskriminiert werden Regelungen, damit die zeitweise Erziehungsarbeit für Kinder (oder andere Pflege- und Betreuungsarbeiten) möglich ist, ohne dafür in der Erwerbsarbeit diskriminiert zu werden.