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Die sieben Drachen der Untätigkeit

von Em. Univ. Prof. Dr. Dr. hc Helga Kromp-Kolb

Elternbildung
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Wir wissen mittlerweile seit etlichen Jahrzehnten, was in Sachen Erderhitzung auf uns zukommen könnte. Laut Umfrage stufen über 93 % der EuropäerInnen die Klimakrise als sehr ernst zu nehmendes Problem ein (EU Kommission 2021). Und trotzdem sind wir als Gesellschaft von ambitioniertem Klimaschutz noch weit entfernt.

Welche Hürden verhindern, dass sich dieses hohe Problembewusstsein der Menschen in unserer Alltagsrealität widerspiegelt und letztlich auch zu rapide sinkenden Treibhausgasemissionen führt?

Neben politischen und infrastrukturellen Hemmschuhen spielen auch psychologische Hürden eine essenzielle Rolle. Der Psychologe R. Gifford fasst diese in seinem Konzept der „7 Drachen der Untätigkeit“ zusammen (Gifford 2011). Den „Drachen“ wählt er auch deshalb als Metapher, weil es ebendiese psychologischen Barrieren sind, die zwischen uns und dem Schatz – einer lebenswerten, klimagerechten Zukunft – stehen. In der folgenden Übersicht werden diese Drachen anhand von Beispielen beschrieben:

Drachen der Untätigkeit (adaptiert nach Gifford, 2011)Elternbildung

  1. Begrenzte Wahrnehmung: Ignoranz, fehlendes Wissen, Unsicherheit, übertriebener Optimismus, Zweifel an Selbstwirksamkeit
    Beispiel: Überschätzen der Klimawirkung „einfacher“ Handlungen (z.B. Recyclen)
  1. Ideologien: Weltanschauung, Technikgläubigkeit, Verteidigung des Status quo
    Beispiel: Überschätzung des Potentials von E-Fuels
  1. Vergleichen mit anderen: Sozialer Vergleich, soziale Normen und Netzwerke, wahrgenommene Ungerechtigkeit

Beispiel: Die reichsten 10 Prozent verursachen mehr Treibhausgase als die ärmeren 50% der Bevölkerung zusammen

  1. Verlorene Investitionen / Gewohnheiten: Finanzinvestitionen, in Konflikt stehende Werte, Ziele und Bestrebungen
    Beispiel: Investitionen in SUVs, Ölheizungen oder gebuchte Kreuzfahrten
  1. Misstrauen / Mangelndes Vertrauen zu ExpertInnen: Misstrauen, fehlendes Vertrauen in Vorschläge, Reaktanz (Widerstand / Ablehnung von wissenschaftlichen Erkenntnissen)
    Beispiel: Kritik an CO2 Steuer, obwohl sie nachweislich zu CO2-Reduktion in anderen Ländern führt (z.B. ist durch andere Länder erwiesen
  1. Vermutete Risiken: Zweifel an Funktionsfähigkeit, Sicherheit, Finanzierbarkeit, sozialer Verträglichkeit von Klimaschutz-Maßnahmen
    Beispiel: Zweifel an Funktionsfähigkeit Agro-PV
  1. Begrenzte Verhaltensänderungen: Alibiaktionen, Alibi-Politik ohne großen Effekt, Rebound-Effekte
    Beispiel: Höhere Zimmertemperatur nach Isolierung des Hauses

Wie können diese „Drachen“ bekämpft werden?Elternbildung

Nicht alle Barrieren können von heute auf morgen abgebaut werden. In einem ersten Schritt ist es wichtig, sie klar zu identifizieren, zu benennen und betroffene Gruppen damit zu konfrontieren.

Große Forderungen, wie das Erreichen der nachhaltigen Entwicklungsziele oder der Transformation unseres gesamten gesellschaftlichen Lebens und Wirtschaftens, machen es oft nicht leicht, die ersten, eigenen Schritte in diese Richtung zu erkennen.

Deshalb ist es umso wichtiger große Themen in greifbare Happen herunterzubrechen, Zusammenhänge verständlich zu erklären, Mythen zu entkräften und gut funktionierende, wirkungsvolle Beispiele aufzuzeigen.

Kommunikativ ist es wesentlich zu betonen, dass nicht für eine „Verzichtsagenda gekämpft“ wird, sondern dass eine bessere, gerechtere, lebenswerte Zukunft auf der anderen Seite einer gelungenen Transformation winkt.

In dieselbe Kerbe schlagen auch die sogenannten „Co-Benefits“, die positiven Nebenwirkungen, des Klimaschutzes. Diese sichtbar, nachvollziehbar bzw. berechenbar zu machen und aufzuzeigen, wo der Klimaschutz (oft sogar mehr als) zwei Fliegen mit einer Klatsche erwischt, kann helfen Barrieren deutlich schneller abzubauen. Ein Beispiel für Co-Benefits wären z.B. die deutlich niedrigeren Gesundheitskosten in radaffinen Ländern wie z.B. Holland (und die gesteigerte Lebensqualität).

Nachweislich wird effektiver Klimaschutz auch durch intrinsische Werte gestärkt (z.B. Zugehörigkeit, Gemeinschaft, Selbstakzeptanz), und im Gegenzug durch extrinsische Werthaltungen (z.B. Status, finanzieller Erfolg, Hedonismus) geschwächt. Intrinsische Werthaltungen gesellschaftlich zu fördern (z.B. im Bildungssystem) kann daher ebenso zum Abbau von Barrieren beitragen.

Neue Narrative statt überalterter GlaubenssätzeElternbildung

Um auch den Drachen im eigenen Kopf wirkungsvoll zu begegnen, wurden gemeinsam mit den TeilnehmerInnen der Erwachsenenbildungs-Veranstaltung (BKA, St. Virigl 2023) nicht nur die eignen Drachen identifiziert, sondern auch neue Leitsätze erarbeitet, um in Entscheidungssituationen der (möglicherweise) zweifelnden Stimme im Kopf einprägsame neue Leitgedanken entgegenzusetzen:

Beispiele für bestehende LeitsätzeElternbildung

  • Daran kann ich sicher nichts ändern.
  • Darum soll sich die Politik kümmern.
  • Es gibt keine Alternative.
  • Aber andere machen es doch auch.
  • Wer hat, der kann.
  • Geht’s der Wirtschaft gut, geht es uns allen gut.
  • Höher, schneller, weiter.

Neue LeitgedankenElternbildung

  • Investieren in Beziehungen, nicht in Güter.
  • Wer, wenn nicht wir. Wann, wenn nicht jetzt.
  • Refuse – reduce – reuse – recycle.
  • Ich gönne mir mehr Gesundheit und Bewegung.
  • Wahres Glück kommt von innen.
  • Weniger ist manchmal mehr.
  • Qualität statt Quantität.

Das Notwendige möglich machenElternbildung

„Too little, to late.“ So beschreibt der neue Bericht des Club of Rome das Szenario, welches eintritt, wenn wir die Klimakrise weiterhin schleifen lassen und die notwendige Transformation aller Gesellschaftsbereiche weiterhin viel zu langsam anpacken. Mit verheerenden Folgen für das Weltklima und die Menschheit. Zeit also, um unseren eigenen Drachen noch mutiger als bisher in die Augen schauen und tun, was zu tun ist: das Notwendige gemeinsam möglich machen.

  • Club of Rome (2022) “Earth for all”.
  • Gifford, R. (2011) „The dragons of inaction: Psychological barriers that limit climate change mitigation and adaptation.“ American Psychologist 66.4: 290
  • EU Kommission (2021): Climate Change – Special Eurobarometer 513
  • Paech, N. (2012). Befreiung vom Überfluss
  • Drexel, Ch. (2018): Zwei Grad. Eine Tonne. – Wie wir das Klimaziel erreichen und damit die Welt verändern.
  • Brand, U.; Wissen, M. (2017): Imperiale Lebensweisen. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus.

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