Überforderung bedeutet, dass ein Kind mit zu vielen oder zu schweren Aufgaben belastet ist. Es fühlt sich dann gestresst, traurig oder erschöpft – weil es die Erwartungen nicht erfüllen kann oder ständig „funktionieren“ muss. Überforderung kann in jedem Alter passieren. Bei Kleinkindern, Schulkindern oder Jugendlichen. Es geht nicht nur um die Schule – auch zu viele Hobbys oder ein voller Freizeitplan können ein Kind überfordern.
Eltern wollen einen guten Einfluss auf ihr Kind haben, ihrem Kind eine gute Ausbildung und Erfolgschancen geben, wissen was ihr Kind gut kann, eine gute Beziehung zum Kind haben und stolz auf ihr Kind sein.
Manchmal möchten Eltern ihr Kind besonders gut fördern, sie melden es aus guter Absicht heraus für Sport, Musik, Sprachen oder andere Kurse an. Doch zu viel des Guten kann das Gegenteil bewirken. In unserer Gesellschaft zählt Leistung oft mehr als freies Spiel oder einfach mal Nichts-Tun. Es ist deshalb verständlich, dass Eltern unsicher sind: Was ist genug? Was ist zu viel?
Wenn Kinder spüren, dass sie immer besser, schneller oder fleißiger sein sollten, kann sich in ihnen das Gefühl festsetzen: Ich bin nicht gut genug. Das schwächt ihr Selbstvertrauen – und macht sie auf Dauer unglücklich.
Wie zeigt sich Überforderung bei Kindern?
Kinder sind auch Wettbewerbswesen und sie wollen Eltern und andere Erwachsene erfreuen, neue Dinge lernen, aktiv sein, und dass ihre Eltern stolz auf sie sind – sie haben manchmal hohe Erwartungen an sich selbst und vergleichen sich untereinander. Es kann dadurch zu einer Selbst-Überforderung kommen – auch ohne, dass Leistung direkt von außen verlangt wird.
Kinder zeigen oft mit ihrem Verhalten oder durch körperliche Beschwerden, dass ihnen etwas zu viel wird. Je nach Alter sind die Anzeichen verschieden:
- Kleinkinder bekommen oft Bauchweh, weinen viel oder schlafen schlecht.
- Schulkinder wirken manchmal müde, traurig oder aggressiv. Sie ziehen sich zurück, haben keine Lust mehr auf Hobbys, sie nässen ein oder ihre Noten werden schlechter.
- Jugendliche zeigen Überforderung oft durch Reizbarkeit, Stress oder Rückzug.
- Es kann auch zu Ängsten vor Aufgaben, zu Frustration bei kleinen Fehlern, zu Selbstabwertung oder Verweigerung von Anstrengung kommen.
Warum ist freie Zeit so wichtig?
Viele Kinder haben kaum noch freie Zeit – alles ist durchgeplant. Doch Kinder brauchen auch Langeweile. Denn erst dann entstehen eigene Ideen, Fantasie und innere Ruhe. Es ist gut, wenn Kinder zumindest ein Hobby haben. Aber sie brauchen auch Pausen: Zeit – um draußen zu spielen, in den Himmel zu schauen oder einfach „die Zeit vergehen zu lassen“. Dabei erholen sich Körper und Geist – und das ist wichtig für die Entwicklung.
Warum freies Spiel so wertvoll ist
Freies Spiel heißt: Kinder entscheiden selbst, was sie machen. Sie bauen mit Bausteinen, erfinden Geschichten, malen oder spielen mit Freunden. Größere Kinder lesen, malen, hören Musik oder „chillen“. Dabei lernen sie wichtige Dinge – ganz ohne Anleitung oder Bewertung. Kinder lernen so, Probleme zu lösen, kreativ zu denken und mit anderen umzugehen.
Fazit: Vertrauen statt Druck
Eltern wollen eine gute Zukunft für ihr Kind. Aber „mehr“ ist nicht immer besser. Ein Kind, das sich entspannen darf, frei spielen kann und nicht ständig das Gefühl hat, sich beweisen zu müssen, wächst gesünder auf. Es lernt: Ich bin richtig, so wie ich bin.
Darum gilt: Hinhören, beobachten, Freiräume lassen – und auch einmal gemeinsam nichts tun. Das stärkt nicht nur das Kind, sondern auch die Beziehung zwischen Eltern und Kindern.
Birgit Hartel
arbeitet als Klinische Psychologin und Gesundheitspsychologin in eigener Praxis in Wien (www.hochbegabung.wien) und als Trainerin in ganz Österreich. Ihre Themenschwerpunkte sind (Hoch-)Begabung, Lernen lernen und die persönliche Stärkenentwicklung. In ihrer Praxis gibt es Kurse für mathematisch und sprachlich begabte Kindergartenkinder sowie eine online-Beratungsgruppe für Eltern und andere Begleitpersonen hochbegabter Kinder und Jugendlicher („BeGIFTed!“).