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Bindungsaufbau in den ersten Wochen

von Ursula Henzinger

Elternbildung
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Was ist Bindung?Elternbildung

Bindung ist ein Band, das einen Menschen mit einem anderen über Raum und Zeit hinweg zusammenhält. Ein Band kann elastisch, steif, verwickelt oder brüchig sein. Entsprechend dazu spricht man bei der Bindung zwischen Eltern und Kind von sicher oder unsicher. Die Bindungsqualität kann zur Mutter anders sein als zum Vater oder zu einer anderen 2. Bezugsperson. In jedem Fall sind die Erfahrungen ausschlaggebend, die das Kind von Anfang an bis zum Ende des vierten Lebensjahres in der Interaktion mit der Bezugsperson macht!

Lange Zeit war den Menschen nicht bewusst, wie wesentlich die Erfahrungen in der frühen Lebenszeit sind. Erst in den letzten Jahrzehnten tauchte nach und nach konkretes Wissen darüber auf. Das ist für Eltern, deren Bindung zu den eigenen Bezugspersonen nicht so gut war, eine große Herausforderung.

Möglichkeiten, um eigene Erfahrungen mit dem Partner/der Partnerin auszutauschen:

  • Wie war die Bindung zu meiner Mutter und zu meinem Vater, bzw. den Bezugspersonen?
  • Was habe ich vermisst? Was war mir zu viel?
  • Was wünsche ich mir für unser Kind?
  • Wie verändert das Kind unsere Paar-Beziehung?
  • Wie stelle ich mir meinen Partner/meine Partnerin mit dem Kind vor?
  • Kann ich als Vater/2. Bezugsperson respektieren, dass der Aufbau der Bindung zur Mutter/ersten Bezugsperson sehr viel Zeit und Nähe zum Baby braucht und ich aus dieser Beziehung weitgehend ausgeschlossen bin?

Ein schützender Raum für Mutter und Neugeborenes: das WochenbettElternbildung

Nach der Geburt findet im Körper der Mutter eine grundlegende Umstellung statt. Nicht nur die hormonelle Situation ist nun eine völlig andere als in der Schwangerschaft, auch die Lebenssituation ändert sich radikal. Deshalb galt in allen Kulturen der Menschheit der Zeitraum der ersten sechs bis acht Wochen nach einer Geburt als eine besondere Zeit, in der Mutter und Kind geschützt und von vertrauten erfahrenen Personen verlässlich umsorgt werden sollten. In jeder Kultur gab und gibt es dazu besondere Traditionen und Rituale.

Der eigentliche Sinn des Wochenbettes – er war im letzten Jahrhundert bei jungsteinzeitlichen Naturvölkern noch beobachtbar – ist folgender:

  • Die Wöchnerin soll frei sein für das Neue in ihrem Leben und ihre Zeit voll und ganz mit sich selbst und dem Neugeborenen verbringen können.
  • Ihr und ihrem Kind soll in den ersten Wochen viel liebevolle Zuwendung gewidmet werden.

Nicht immer kommt die Mutter in unserer Leistungsgesellschaft in den Genuss des Wochenbettes, da sie ihr Baby oft fern der eigenen Familie auf die Welt bringt. Vielleicht ist sie von der Geburt auch noch körperlich oder seelisch verletzt. Möglicherweise klappt das Stillen noch nicht oder das Baby weint viel. Das überfordert nicht selten auch den Vater/die 2. Bezugsperson. Manche Frauen haben auch diesen nicht und zusätzlich schwere Sorgen, die ihre materielle Zukunft betreffen. Das alles ist unmittelbar nach einer Geburt überfordernd.

Im Bewusstsein des enormen Wertes der kulturellen Einrichtung „Wochenbett“ gibt es seit einigen Jahrzehnten Bemühungen der Gesellschaft, als Ersatz dafür wenigstens passende Hilfen bereitzustellen: Nachsorge-Hebammen, Väter-Karenz, Frühe Hilfen, Psychotherapie und andere.

Was der Vater/die 2. Bezugsperson für Mutter und Kind tun kann:

  • wahrnehmen, dass Mutter und Baby gerade etwas Großes hinter sich haben und beide vor allem anderen im neuen Leben ankommen müssen
  • einfach nur da sein
  • der Mutter zuhören, offen sein dafür, wie es ihr geht
  • die Mutter so entlasten, dass sie den Kopf frei hat für ihre eigenen körperlichen Bedürfnisse und das Baby (alles darüber hinaus ist meist zu viel)
  • akzeptieren, dass das Baby zuerst wieder in die Vertrautheit mit der Mutter zurückkehren muss (besonders eindrücklich beim Stillen), bevor es sich für Neues interessieren kann

fachliche Hilfe organisieren, wenn die Mutter dauerhaft niedergeschlagen ist und/oder sie gar nicht mehr schlafen kann (früh erkannt kann eine postpartale Depression gut und schnell behandelt werden)

Hautkontakt am Lebensbeginn wirkt ein Leben langElternbildung

In der allerersten Lebenszeit ist es vor allem der Haut-zu Haut-Kontakt, der Bindung wesentlich unterstützt. Die sensomotorischen Fähigkeiten des Neugeborenen sind ausgereift und – wenn es sich sicher fühlt und alles langsam geht – voll funktionsfähig. Das heißt, am Körper der Mutter oder – wenn diese nicht verfügbar ist – eines entspannten Erwachsenen kommt das Baby in Kontakt mit sich selbst. Hier arbeiten seine körperlichen Programme leicht und abgestimmt. Das hat große Auswirkungen auf das physiologische Gleichgewicht des Neugeborenen.

Durch Hautkontakt:

  • wird die Aufregung der Geburt beruhigt und
  • das Verdauungssystem spürbar angeregt,
  • stabilisiert sich die Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und der Blutzuckerspiegel,
  • funktioniert die Temperaturregelung bestmöglich – wobei Körperwärme zusätzlich auch Schmerz mindernd wirkt und
  • synchronisiert sich der ultradiane Rhythmus des Neugeborenen (kürzere Schlaf-und Wachphasen unabhängig von einem 24 Stunden Rhythmus) mit dem Tag-Nacht-Rhythmus der Mutter.

Langzeit-Untersuchungen zeigen, dass Hautkontakt in den ersten Lebenswochen ein stärkendes Fundament für den gesamten weiteren Lebenslauf hinterlässt.

Zusammenfassend die Wirkung auf die Bindung: Körperkontakt synchronisiert autonome körperliche Systeme und soziale Rhythmen. So kommt das Baby ganz zu sich und wirkt in diesem Zustand ungemein anziehend. Das unterstützt die Bindung enorm.

Was kann die Mutter tun?

  • Haut-zu-Haut-Kontakt nach der Geburt genießen, bzw. die Bedingungen dafür schaffen
  • wenn sie das nicht kann, dem Baby Haut-zu-Haut-Kontakt ermöglichen – mit dem Vater/der 2. Bezugsperson

wenn keine 2. Bezugsperson da ist: das Baby für den Körperkontakt einer anderen feinfühligen Person in ihrer Nähe anvertrauen

Hier ist das Baby Experte: Nähe-Distanz-RegulationElternbildung

Nach den ersten Wochen verändert sich die Vorliebe des Babys für Körperkontakt in kleinen Abstufungen. Kann es vertrauen, fühlt es sich nun auch in einem kleinen Abstand zur Mutter wohl. Es meldet sich nun, wenn der der Mutter der enge Körperkontakt zu viel ist und drückt Unbehagen aus. Noch immer ganz hilflos und angewiesen, ist es sein ureigenes Interesse, dass es der Mutter gut geht! Außerdem kann es die eigene Befindlichkeit von der seiner Mutter nicht unterscheiden. Das bedeutet: Es zeigt durch sein Verhalten oder Weinen verlässlich und eindeutig an, dass entweder es selbst oder sie etwas braucht. Eines vom anderen unterscheiden und eine Entscheidung treffen muss dann die erwachsene Mutter selbst. Manchmal reicht eine kleine Distanzierung, damit es beiden wieder besser geht. Das heißt konkret, das Baby aus dem Arm zu geben, in der Nähe abzulegen oder einer fürsorglichen Person zu übergeben. Manchmal reicht es auch, wenn die Mutter sich mit der Aufmerksamkeit vom Kind wegbewegt und sich selbst und die eigenen Bedürfnisse wieder spürt. Deshalb wird ein weinendes Baby oft ruhig, wenn der Mutter sich jemanden anvertrauen kann und sie dabei selbst zu weinen beginnt.

Krisen und Schwierigkeiten gehören in dieser Phase dazu! Gut bewältigt spielen gerade sie für den Bindungsaufbau eine wesentliche Rolle!

Abschließende Bemerkung: Es geht nicht darum, keine Probleme zu haben. Gelingt es, sie innerhalb der Bindung zu lösen, unterstützt das den Bindungsaufbau stark und nachhaltig.

Was die Mutter tun kann:

  • eigene körperliche und emotionale Bedürfnisse ebenso versorgen wie die des Babys
  • abgeben, wenn es zu viel wird oder Hilfe suchen
  • eine Mutter-Kind-Gruppe besuchen (in einem Eltern-Kind-Zentrum oder einer Eltern-Kind-Praxis)
  • Probleme ernst nehmen und sich beraten lassen (Stillberatung – IBCLC, LLL, Schlafberatung, Trageberatung, Krisenintervention – Schreiambulanz, EEH-Praxis)

Bonding und Stillen: die Kraft der Natur nutzenElternbildung

Unter Bonding versteht man den ersten innigen Bindungskontakt unmittelbar nach der Geburt zwischen Neugeborenem und Mutter, oft mit dem Vater oder einer anderen 2. Bezugsperson. Bonding ist wie das Stillen kein „Muss“ für das Entstehen einer sicheren Bindung! Es ist vielmehr ein starkes Angebot der Natur um den Bindungsaufbau zu erleichtern.

Da Bonding in fast allen Kulturen verhindert wurde, war es aus dem Bewusstsein der Menschheit lange verschwunden. Erst in den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts entdeckte man, wie wertvoll es ist, das Neugeborene unmittelbar nach der Geburt auf den Bauch der Mutter zu legen. Nach viel Beobachtung und Forschung weiß man:

  • Bonding stärkt die Autonomie des Babys!
  • Bonding macht das Baby für die Mutter und den Vater (oder eine andere 2. Bezugsperson) unverwechselbar und einzigartig! Es unterstützt die herausfordernde dauernde Fürsorge für das kleine Wesen von „innen heraus“ und macht sie unkompliziert und lohnend. Ein gelungenes Bonding ermöglicht das intuitive Elternsein von Anfang an!

Im letzten Jahrhundert untersuchte man in mehreren Forschungskliniken systematisch das Verhalten von gesunden Neugeborenen unmittelbar nach einer natürlichen Geburt. Diese wurden einfach auf den Bauch ihrer Mutter gelegt. Danach ließ man sie gewähren, ohne sie in irgendeiner Weise weiter zu beeinflussen. Ruhe, Langsamkeit und angeborene Reflexe reichten aus, dass jedes dieser Neugeborenen aus eigener Kraft – manches erst nach über einer Stunde – die Brust fand und zu saugen begann. Und das Stillen funktionierte von Anfang an! Viele dafür notwendige kleine Bewegungen und unwillkürliche Vorgänge hatten sich unwillkürlich harmonisiert.

Zusatzinformation: Das angeborene Verhaltensprogramm eines Neugeborenen kann auch noch wochenlang nach der Geburt abgerufen werden! Bei sehr viel Zeit und großer Ruhe kann es zu Hause auch spontan ablaufen, wenn es gelingt, dem Baby zu vertrauen. Das gilt auch und gerade dann, wenn es Schwierigkeiten gibt! Es ist wichtig, darüber Bescheid zu wissen – um es geschehen zu lassen oder sich bei Fachpersonen gezielt dafür Unterstützung zu holen.

  • Manche Hebammen bieten nach schwierigen Geburten, depressiven Verstimmungen oder bei Stillproblemen eine Wiederholung des ersten Bindungskontaktes im Rahmen eines Babyheilbades oder Bondingbades mit Mutter und Baby an,
  • manche Stillberaterinnen (IBCLC) nutzen den Breast-Crawl oder Baby-Crawl zur Lösung von Stillproblemen und nicht zuletzt:
  • EEH-Fachberater*innen bieten nach einer traumatischen Schwangerschaft und/oder Geburt, bei Depressionen oder exzessivem Babyschreien Emotionelle Erste Hilfe an. Im Rahmen der Krisenintervention (1-10 Termine) entsteht meist nach einem begleiteten Schrei-Prozess ein spontanes Re-Bonding zwischen Mutter/Vater und Baby.

KommentareElternbildung

Kommentar

Depressionen und Trauma sprengen die Kompetenz der Beratung und gehören in das Fachgebiet der Psychotherapie, klinischen Psychologie und Psychiatrie. Beratung kann stabilisieren ( auch Trauma), danach muss jedoch fachlich weitervermittelt werden. Bitte kompetent die Grenze zwischen Beratung und Psychotherapie ziehen. Es gibt hier nicht grundlos Unterschiede und Aufgabenbereiche. Und nicht von ungefähr werden diese Grenzen von Fachpersonen gerne überschritten. Solche Aussagen wie im letzten Absatz machen es nicht einfacher- für Eltern und auch für Fachpersonen - hier einen Überblick bewahren zu können.


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