Eine unfallfreie Kindheit ist ein fast nicht realisierbarer Traum. Leider geschieht es immer wieder, dass besonders bei Säuglingen und Kindern Erste-Hilfe-Maßnahmen nicht oder nur verzögert ergriffen werden, weil die anwesenden Erwachsenen Angst haben, etwas „falsch“ zu machen. Doch diese Angst ist unbegründet: Das einzige, was man falsch machen kann, ist, nicht zu helfen!
Neugierig entdecken Kinder die Welt. Tatendrang und Forschergeist gehen schon mal einher mit Stürzen und Abschürfungen. Grundsätzlich sind die Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Kindern die gleichen wie bei den Erwachsenen. Natürlich gibt es kleine Unterschiede, z. B. in Bezug auf die Wiederbelebung.
Unfallverhütungsmaßnahmen tragen dazu bei, viele Gefahren zu vermeiden oder deutlich zu reduzieren. Ziel ist jedoch nicht, eine völlig risikofreie Umgebung zu schaffen. Kinder sollen auch lernen, Risiken zu erkennen und sicher mit ihnen umzugehen – denn der Umgang mit Gefahr ist ein wichtiger Teil ihrer Entwicklung.
Wenn ein Notfall passiert…
Ruhe bewahren, Überblick verschaffen, Hilfe rufen: Jede:r ist aufgeregt, wenn ein Notfall passiert! Atmen Sie tief durch und verschaffen Sie sich einen Überblick über die Situation. Durch die Ausschüttung von Stresshormonen sind Sie hellwach und können im Ernstfall blitzschnell situationsgerecht reagieren.
Rettungsnotruf 144:
Wählen Sie bei jedem medizinischen Notfall frühzeitig den Notruf 144. Die Rettungsleitstelle wird Ihnen mehrere Fragen stellen. Eine der ersten lautet: „Wo genau ist der Notfallort?“ – denn so kann der Rettungsdienst bereits während des Gesprächs entsendet werden. Sie werden bei der Ersten Hilfe am Telefon unterstützt – wenn nötig, bis der Rettungsdienst bei Ihnen eintrifft.
Bei Beschwerden, die keinen Notfall darstellen oder Sie eine medizinische Frage haben, wählen Sie 0-24h die Nummer 1450 der Gesundheitsberatung.
Regloses Kind
Wenn ein Kind reglos, also ohne Bewusstsein ist, ist es komplett hilflos und somit auf lebensrettende Hilfe angewiesen. Auf dem Rücken liegend besteht die Gefahr des Erstickens, falls die Zunge oder Fremdkörper im Mund die Atemwege verlegen. So gibt es für diese Situation genaue Handlungsanleitungen, wie Sie als Ersthelfer:in vorgehen.
Was tue ich bei einem reglosen Kind?
Legen bzw. drehen Sie das Kind/Säugling auf den Rücken, sprechen es laut an und schütteln es/ihn sanft an den Schultern. Rufen Sie auch laut um Hilfe, damit möglichst jemand anderer sofort den Notruf 144 absetzen kann, einen Verbandskoffer und einen Defibrillator organisieren kann. Die Rettungsleitstelle kann einer/einem weiteren Ersthelfer:in sagen, wo sich der nächste Defibrillator befindet. Nutzen Sie Ihre Freisprechfunktion Ihres Telefons, wenn Sie allein sind.
Legen Sie beim Säugling eine Hand auf die Stirn und die andere Hand an das Kinn und bringen Sie den Kopf in Normalposition. Bei Kindern (über 1 Jahr) überstrecken Sie den Kopf leicht nackenwärts. Jetzt prüfen Sie, ob das Kind/der Säugling normal atmet – also ob sich der Brustkorb normal hebt und senkt, ob Sie Atemgeräusche hören oder den Atem an Ihrer Wange oder Ihrem Ohr spüren können.
Regloses Kind mit normaler Atmung: Stabile Seitenlage
Regloser Säugling mit normaler Atmung: Bauch-Seitenlage
Wenn das Kind reglos ist und Sie eine normale Atmung feststellen, drehen Sie das Kind wie einen Erwachsenen in die stabile Seitenlage, also zur Seite. Beim Säugling spricht man von einer Bauch-Seitenlage. Das Ziel dieser Lagerung bei Säuglingen oder Kindern ist es, dass die Atemwege nicht durch die Zunge, durch Erbrochenes, Blut oder Schleim blockiert werden und das Kind bzw. der Säugling weiterhin normal atmen kann.
Regloses Kind oder regloser Säugling ohne normale Atmung: Wiederbelebung
Wenn keine normale Atmung feststellbar ist, beginnen Sie mit fünf Beatmungen:
- Bei Säuglingen (unter 1 Jahr): Bringen Sie den Kopf in eine neutrale Position (nicht überstreckt). Umschließen Sie Mund und Nase des Säuglings mit Ihrem Mund und beatmen Sie behutsam, bis sich der Brustkorb sichtbar hebt.
- Bei Kindern (ab 1 Jahr): Überstrecken Sie den Kopf leicht, verschließen Sie die Nase mit zwei Fingern und führen Sie eine Mund-zu-Mund-Beatmung durch.
Wenn noch nicht geschehen, rufen Sie nach den fünf Beatmungen den Notruf 144.
Anschließend beginnen Sie mit der Wiederbelebung im Verhältnis 30:2:
- 30 Herzdruckmassagen, gefolgt von 2 Beatmungen
- Diesen Rhythmus (30:2) kennen Sie auch von der Wiederbelebung Erwachsener.
Herzdruckmassage:
- Bei Säuglingen: Verwenden Sie zwei Finger und drücken Sie schnell und kräftig auf die Mitte des Brustkorbs.
- Bei Kindern: Drücken Sie mit einer oder beiden Händen schnell und kräftig auf die Mitte des Brustkorbs – je nach Körpergröße des Kindes.
Falls vorhanden: schalten Sie den herbeigebrachten Defibrillator ein und folgen sie den Anweisungen des Geräts. Führen Sie die Wiederbelebung so lange durch, bis das Kind wieder normal atmet oder der Rettungsdienst eintrifft und übernimmt.
SIDS – plötzlicher Säuglingstod
SIDS (SIDS, englisch: Sudden Infant Death Syndrome) bezeichnet den unerwarteten Tod eines scheinbar gesunden Säuglings, meist im Schlaf, der auch nach gründlicher Untersuchung keine klare Ursache erkennen lässt. Betroffen sind vor allem Kinder im ersten Lebensjahr – insbesondere zwischen dem 2. und 6. Lebensmonat.
Es wird angenommen, dass beim SIDS mehrere innere Störungen zusammenwirken, etwa eine gestörte Atemregulation, Herzrhythmusstörungen oder eine verminderte Aufwachreaktion. Die genauen Ursachen sind bis heute nicht vollständig geklärt.
Mögliche Risikofaktoren
- Frühgeburt
- Bauchlage, vor allem auf weicher Unterlage
- Überwärmung des Kindes (z.B. durch dicke, warme Bettdecken)
- Rauchen während der Schwangerschaft
- Rauchen in der Umgebung des Kindes etc.
Spezielle Notfälle
Fieberkrampf
Ein Fieberkrampf ist ein Krampfanfall, der bei Säuglingen oder Kleinkindern auftreten kann. Er entsteht in der Regel im Zusammenhang mit einem raschen Fieberanstieg bei einem Infekt. Der Anfall wirkt zwar bedrohlich, dauert aber meist weniger als eine Minute – manchmal auch einige Minuten. In den meisten Fällen ist ein Fieberkrampf harmlos und hinterlässt keine bleibenden Schäden. So kann ein Fieberkrampf bei einem Kind ablaufen:
- Das Kind verliert plötzlich das Bewusstsein (reagiert nicht auf Ansprache).
- Es kann die Augen verdrehen oder starr ins Leere blicken.
- Der ganze Körper verkrampft sich (meist symmetrisch), oft mit Muskelzuckungen.
- Die Atmung kann flach sein oder kurzzeitig aussetzen, manchmal färben sich Lippen oder Gesicht leicht bläulich.
Nach dem Krampfanfall wirkt das Kind oft müde, schläfrig oder desorientiert. Man muss sich vergewissern, dass das Kind wieder normal atmet und auf Zuspruch regiert. Temperatur messen, ggf. Wadenwickel anwenden. Wenn vorhanden, sollen verschriebene fiebersenkende Medikamente verabreicht werden. Das Kind soll bis zum Erlangen des Bewusstseins eine Seitenlage einnehmen, um die Atemwege freizuhalten.
Vor allem nach dem ersten Krampfanfall oder wenn der Krampfanfall länger andauert, muss der Rettungsdienst 144 verständigt werden. Generell ist nach jedem Fieberkrampf die Ordination einer Kinderärztin/eines Kinderarztes aufzusuchen. Die Erziehungsberechtigten sollen mit ihrem Arzt/ihrer Ärztin besprechen, wie Sie bei weiteren Fieberkrämpfen vorzugehen ist.
Krupphusten
Pseudokrupp (Krupphusten) ist eine vor allem in den Herbst- und Wintermonaten auftretende, durch Viren verursachte Entzündung des Kehlkopfes und der oberen Atemwege. Besonders bei Säuglingen und Kleinkindern kann es dadurch zu Anfällen mit bellendem Husten, Heiserkeit und Atemnot kommen. Grund dafür ist, dass die Schleimhäute anschwellen und die Atemwege dadurch verengt werden.
Wichtig ist selbst Ruhe zu bewahren und das Kind zu beruhigen, weil Angst die Beschwerden verstärkt. Eine aufrechte Lagerung wie das Tragen des Kindes und das Einatmen von kühler, feuchter Luft kann helfen (ins Freie gehen bzw. Fenster öffnen). Dabei aber auf ausreichenden Wärmeerhalt z. B. durch eine Decke achten. Feuchte Luft (z. B. inhalieren) kann ebenfalls unterstützen. Falls vorhanden, sollen dafür vorgesehene Notfallmedikamente (Kortison-Zäpfchen, -Saft) verabreicht werden. Ein Pseudokrupp-Anfall sollte immer ärztlich abgeklärt werden – etwa durch den Kinderarzt/Kinderärztin.
Wichtig: Bei Atemnot, blasser oder bläulicher Haut oder wenn das Kind teilnahmslos oder apathisch wirkt, muss sofort der Notruf 144 verständigt werden.
Verschlucken
Unter Verschlucken – genauer gesagt hier die schwere Verlegung der Atemwege – wird verstanden, dass ein Fremdkörper im Rachen, im Kehlkopf oder in der Luftröhre stecken bleibt. Es ist für den/die Ersthelfer:in unerheblich, wo genau im Hals der Fremdkörper steckt. Kinder können beim Erfahren der Welt bzw. beim Spielen kleine Gegenstände wie Batterien, Münzen, Knöpfe, Kugeln, Bausteine, kleine Spielzeugteile usw. verschlucken oder „einatmen“ und dadurch in Erstickungsgefahr geraten. Das kann auch beim Essen passieren. Bleibt der Fremdkörper im Hals stecken, kommt es rasch zu einer lebensbedrohlichen Situation.
Erste Hilfe bei schwerer Verlegung der Atemwege
Bei der schweren Verlegung der Atemwege (Kind kann nicht mehr atmen, sprechen oder husten) Notruf veranlassen, sofort bis zu fünf feste Schläge zwischen die Schulterblätter und bis zu fünf Heimlich-Manöver abwechselnd durchführen.
Bei Kindern über 1 Jahr:
Wenn bis zu fünf Schläge zwischen die Schulterblätter die Atemwegsverlegung nicht lösen, wenden Sie den Heimlich-Handgriff an:
-
- Stellen Sie sich hinter das Kind und umschließen Sie seinen Oberbauch mit beiden Armen.
- Beugen Sie das Kind leicht nach vorn.
- Ballen Sie eine Hand zur Faust und platzieren Sie sie zwischen Bauchnabel und unterem Brustbein.
- Greifen Sie mit der anderen Hand über die Faust und ziehen Sie sie kräftig nach innen und oben.
- Wiederholen Sie dies bis zu fünfmal.
Hat sich die Atemwegsverlegung danach noch nicht gelöst, beginnen Sie wieder bis zu fünf Mal fest zwischen die Schulterblätter zu schlagen – im Wechsel mit dem Heimlich-Handgriff, bis sich der Fremdkörper löst.
Verliert das Kind im Rahmen der schweren Atemwegsverlegung das Bewusstsein (keine Reaktion, nicht mehr ansprechbar), entspricht das einem Atem-Kreislauf-Stillstand und es muss sofort mit der Wiederbelebung begonnen werden.
Um Handgriffe zu trainieren, empfiehlt das Rote Kreuz einen Erste-Hilfe-Kurs (für Kindernotfälle) in Ihrer Nähe zu absolvieren: www.erstehilfe.at