Mit Freude und Begeisterung lernen
Jedes Kind startet mit einer Fülle an Möglichkeiten, Interessen und Begabungen ins Leben. Die Aufgabe der begleitenden Erwachsenen ist es, dem Kind eine Welt zu anzubieten, die es erkunden, entdecken und erforschen kann. Das wichtige Gefühl der Verbundenheit entsteht beim gemeinsamen Tun, wie etwa Spielen, Bilderbücher betrachten, Singen, Tanzen, Basteln oder die Natur erleben. Denn wenn es ums Lernen geht, sind nicht Daten und Fakten das, was den Menschen antreibt, sondern Gefühle, Geschichten und vor allem andere Menschen.
Erinnern Sie sich heute noch an Momente, in denen Sie als Kind Neues entdeckt haben? Wenn ja, dann ist die Erinnerung vor allem aufgrund der damals prägenden Gefühle bedeutsam und erinnerbar. Sie waren besonders erfreulich, besonders gefährlich oder aber auch bedeutend, weil wir uns selbst überrascht haben. Was alle diese Momente gemeinsam haben? Wir haben etwas dabei erlebt, das uns emotional berührt hat! Positive Emotionen lassen uns begeisterungsfähig bleiben. Die kindliche Neugierde ist als eine der wichtigsten Emotionen angeboren. Sie ist das, was uns antreibt, Neues zu lernen oder Bekanntes zu hinterfragen. Deshalb lernen Kinder quasi „automatisch“ – man kann sie gar nicht davon abhalten. Und je freudvoller die Situation erlebt wird, umso mehr Erkenntnis gewinnt das Gehirn daraus und speichert diese ab. Diese Begeisterung kann man nicht „anleiten“, jedes Kind kann sie nur in sich selbst entfachen. Daher gilt es, genau hinzusehen: Wofür begeistert sich das Kind, wo ist es mit Feuereifer dabei? So können Talente entdeckt werden und nicht durch „erzwungene“ Ballett- oder Gitarrenstunden. Hier liegt ein Fehler begraben, den Erwachsene unbewusst und mit guten Absichten begehen. Kinder brauchen nicht Sportverein, Musikschule und Sprachenunterricht, um erfolgreich in der Schule zu werden. Dieser Irrglaube endet nicht allzu selten in Kämpfen daheim. Kinder brauchen die Möglichkeit, sich selbst und ihre Stärken kennenzulernen sowie sich auszuprobieren. Dann sind sie längerfristig mit Begeisterung dabei.
Je älter Kinder werden, umso schwieriger lässt sich ihre Begeisterungsfähigkeit aufrechterhalten. Allzu oft wird ihre Lernfreude gebremst, etwa weil Erwachsene zeigen wollen „wie es richtig geht“ oder zu wissen meinen, wofür sich das Kind interessieren soll. Werden großartige Entdeckungen belehrend kleingeredet, verschwindet ein Stück der ursprünglichen Begeisterung. Denken Sie selbst noch einmal an Ihre Kindheit zurück: Wir erinnern uns, welche Lehrpersonen in der Schule ein Fach interessant gemacht haben und bei welchen wir eher in Tagträumerei abgeschweift sind. Erwachsene müssen Kinder begeistern können – und das tun sie, wenn sie selbst begeistert sind!
Unsere Kinder zeigen uns ihr Interesse. Nicht für alles muss dabei unser eigenes Herz schlagen, aber dennoch ist es wichtig, dem Kind selbst mit Begeisterung und Interesse entgegen zu treten.
Die Frage, wie die Talente unserer Kinder gefördert werden können, beantworten uns unsere Kinder meist selbst. Sie zeigen an, was sie interessiert und was sie ausprobieren wollen. Dabei müssen Erwachsene die Verantwortung und den Weitblick behalten. „Ich möchte Gitarre spielen lernen“, bekundet ein Interesse – eine Einschreibung in einen zehnmonatigen Gitarrenunterricht wäre hier aber zu früh. Lassen Sie das Kind probieren, zwei oder drei Schnupperstunden absolvieren, dann wird besser klar, ob es sich um ein natürliches, oberflächliches Interesse handelt, etwas Neues auszuprobieren, oder ob dieses ernster und tiefer geht. Denn – und vielleicht erinnern Sie sich hier auch an Situationen – zehn Monate Diskussion „Aber du wolltest das und ich muss es zahlen, also gehst du hin“ hilft keinem Familienklima dauerhaft.