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Längerfristige Auslandserfahrung – Vorteile, Risiken und Nebenwirkungen

von Dr. Janina Gatzky

Elternbildung
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Dass Auslandsaufenthalte den Horizont erweitern, wird allgemein angenommen. Wer reist, erlebt, dass es anderswo anders ist. Aus dieser Erfahrung können nachhaltige positive Impulse für die Persönlichkeitsentwicklung und das weitere Leben resultieren[1], allerdings gibt es hier klare Qualitätsunterschiede, die u. a. mit der Dauer, der inhaltlichen Ausrichtung und der Begleitung der Erfahrung in engem Zusammenhang stehen. Daneben spielt auch das Alter, in dem man die Erfahrung macht, eine entscheidende Rolle für ihre Nachhaltigkeit.

Was Austausch bewirken kannElternbildung

Während schon kurzfristige Auslandsaufenthalte von mehreren Tagen bis wenigen Woche Effekte im Sinne der Persönlichkeitsentwicklung und des interkulturellen Lernens bewirken könne – übrigens unabhängig vom Gastland – verstärken sich diese deutlich, je länger der Aufenthalt dauert. Dies dürfte schon deshalb einsichtig sein, weil mit einer längeren Verweildauer in der Regel auch ein umfassenderer Fremdspracherwerb einhergeht, der letztlich ein Schlüssel für den Aufbau von Beziehungen zu Menschen im Gastland sowie für das Verständnis der Gastkultur ist. Ein anderes wichtiges Kriterium ist die bewusste bzw. teilweise unbewusste Anpassung an die kulturellen Gepflogenheiten im Gastland. Auch sie ist ein wichtiger Schlüssel für den Erfolg eines Aufenthalts. In der Regel erfolgt der Anpassungsprozess in mehreren Phasen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.

Phasen des Austauschs und LernpotenzialElternbildung

An ein emotionales Hochgefühl, in der das Gastland als exotisch und anders, der Aufenthalt als aufregend und unterhaltsam empfunden wird, schließt sich an eine Zeit der emotionalen Turbulenz. In dieser Zeit zeigt sich, dass kulturell geprägte Muster der Heimatkultur nicht 1:1 auf das Leben im Gastland übertragbar sind und für das Verständnis der anderen Kultur zu kurz greifen. Die eigene kulturelle Prägung wird in dieser Zeit bewusst in ihrer Existenz und als in der Gastkultur nicht zielführend wahrgenommen und mitunter zum Stolperstein. Meist reichen auch die Fremdsprachenkenntnisse in dieser Zeit noch nicht aus, um kulturell bedingte Missverständnisse vollständig zu greifen oder gar zu klären. Üblicherweise wird für diese Phase der Begriff Kulturschock verwendet. Durch die allmähliche Integration von für die Gastkultur typischen Verhaltensweisen in das eigene Verhalten und ein besseres Verständnis für Unterschiede erfolgt eine kulturelle Anpassung, die es möglich macht, tiefer in die fremde Kultur einzutauchen[2]. Die Gefahr des Verlustes der eigenkulturellen Prägung besteht dabei schon altersbedingt nicht. Im Gegenteil: Jugendliche, die ins Ausland gehen, erhalten ein implizites Angebot, andere Werte- und Lebensmodelle kennenzulernen und zu praktizieren, die die eigene Persönlichkeitsstruktur erweitern und bereichern. Aber diese Prozesse brauchen Zeit. So haben Jugendliche z. B. im Rahmen eines ca. zehnmonatigen Schulbesuchs im Ausland die Chance, diese Prozesse bewusst zu durchlaufen und schließlich für eine Zeit ein nahezu kulturidentisches Leben wie Gleichaltrige aus dem Gastland zu führen. Diese Möglichkeit des Lernens ist in keinem rein akademischen Kontext auch nur ansatzweise gegeben.

AlterElternbildung

Ein wichtiger Faktor für die Nachhaltigkeit der Auslandserfahrung ist das Alter der die Austauscherfahrung durchlebenden Person. Au-Pairs, Freiwillige oder Studierende sind üblicherweise volljährig, teilweise auch schon in ihren frühen 20ern. Sie wollen sich bewusst vom Elternhaus abnabeln und verständlicherweise ihr eigenes Leben leben. Dabei stützen sie sich auf ihre eigenen, teilweise schon gefestigten Werte und Vorstellungen, wie sie ihr Leben gestalten möchten. Austauschschülerinnen und -schüler sind hingegen üblicherweise zwischen 15 und 17 Jahren alt, ein Alter, indem sie einerseits noch jung genug sind, um Impulse aus ihrer Gastfamilie, ihrem neuen Umfeld bzw. der Gastkultur flexibler aufzunehmen und zu integrieren, aber gleichzeitig schon reif genug, um die mit dem Aufenthalt verbundenen Lernprozesse bewusst zu erfahren und zu reflektieren. Im Gegensatz zu den oben benannten Gruppen ist ihre Austauscherfahrung integraler Bestandteil ihrer Schulkarriere. Aus der Innenperspektive ergibt sich so ein Zeitraum, der signifikant anders als die davorliegenden und die kommenden Schuljahre ist, aber vollständig eingebettet ist in eben diese. Es entsteht nicht die Wahrnehmung, bereits eine Schwelle in der Ausbildungskarriere genommen zu haben. Die akademischen Anforderungen der Heimatschule an die Weiterführung der Bildungskarriere im Gastland verwehrt es dem Austauschschüler, in der Gastschule nur eine Beobachterrolle einzunehmen, sondern fordert ihn, sich nach besten Möglichkeiten an den Mitschülerinnen und -schülern zu orientieren und zu messen.

Die noch gegebene Formbarkeit der Persönlichkeit, die auf einem stabilen Fundament ruht, bietet somit eine einmalige Chance für die Persönlichkeitsentwicklung, die in gleicher Form in einem vergleichbaren Rahmen nicht wiederkommt.

RisikofaktorenElternbildung

Wenn die obigen Ausführungen das Bild ermitteln, dass insbesondere der Schüleraustausch ein Allheilmittel in einer wichtigen Entwicklungsphase von Jugendlichen ist, so sei hier auf einige einschränkende Faktoren hinzuweisen. Um die Erfahrung der tiefen Integration in eine fremde Kultur und Gastfamilie und die damit verbundene Lösung von bekannten kulturellen Mustern gewinnbringend zu durchleben, bedarf es einer altersgerechten psychischen Stabilität, die sich u.a. in Frustrationstoleranz ausdrückt. Es bedarf darüber hinaus Lernbereitschaft, einer gesunden Neugier, einer grundsätzlichen Empathiefähigkeit und einer Portion Mut, um für ein Jahr in einem fremden Land zu leben. Nicht alle bringen diese Eigenschaften im entsprechenden Maße mit, weshalb die Austauscherfahrung auch scheitern kann.

FazitElternbildung

Zusammengefasst bieten längerfristige Auslandsaufenthalte für junge Menschen einmalige Lernchancen und einen Zuwachs an sozialen Kompetenzen, die man allen dafür bereiten und geeigneten Jugendlichen nur wünschen kann[3]. Ebenso wünschenswert wäre eine klarere staatliche Unterstützung des langfristigen Jugendaustauschs, auch und gerade weil Verständnis und Verständigung über kulturelle Grenzen hinweg heute wieder wichtiger sind denn je. Häufig übernehmen ehemalige Teilnehmerinnen und Teilnehmer gerade in diesem Bereich freiwillig und bereitwillig gesellschaftliche Verantwortung.

Ein längerfristiger Aufenthalt im Ausland während der Schulzeit, im Rahmen eines Gap-Years oder während des Studiums ist kein Urlaub, den man sich irgendwann gönnt. Es ist auch keine Auszeit vom schulischen Alltag, sondern ein intensives Labor des Lernens, das Nach- und Nebenwirkungen hat, die Weichen für die Zukunft stellen und den eigenen Lebensweg nachhaltig positiv prägen können.

[1] Zugangsstudie „Warum nicht?“ (2018) im Auftrag von Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und Robert Bosch Stiftung; https://zugangsstudie.de/wp-content/uploads/2018/07/180702-Zusammenfassung-der-Ergebnisse-der-Zugangsstudie_final2.pdf

[2] Gatzky, Janina (2017): Das Gastfamilien-Handbuch, www.ausgetauscht.de

[3] Siehe dazu auch die eingangs genannte Studie des Bundesministeriums und der Robert-Bosch-Stiftung.


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