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Transitionen in der frühen Kindheit und ihre Bedeutung für das Gelingen späterer Übergänge im Leben

von Univ.-Prof. Dr. Wilfried Datler

Elternbildung
Elternbildung
Elternbildung

Was brauchen Eltern und Kinder, damit frühe Übergänge – wie beispielsweise die familiale/außerfamiliale Betreuung in der Kinderkrippe/im Kindergarten – gut gelingen?

Übergänge gehören zum LebenElternbildung

Der Lebenszyklus von Menschen zeichnet sich durch eine Vielzahl von Übergängen aus.
Mit solchen Übergängen haben es Menschen etwa dann zu tun,

  • wenn sie geboren werden,
  • wenn die Rund-um-die-Uhr-Betreuung innerhalb des Familiensystems endet und der regelmäßige Besuch einer Tagesmutter, einer Kinderkrippe oder eines Kindergartens beginnt,
  • wenn sie in die Schule eintreten oder etwas später in weiterführende Schulen übertreten, Hochschulen miteingeschlossen,
  • wenn der Übergang von der Schule oder vom Studium in das in das Berufsleben vollzogen wird,
  • wenn junge Menschen Eltern werden,
  • wenn sie ihre Eltern und damit den Status, Kind zu sein, verlieren,
  • wenn sie aus dem Berufsleben ausscheiden und den Pensionsbeginn erleben,
  • oder wenn jene späte Lebensphase beginnt, die sich durch eine fortschreitende Abnahme von körperlichen und mentalen Kräften,  durch Krankheit und schließlich das Nahen des Todes auszeichnet.  

Solche Übergänge sind in unserer Kultur für nahezu alle Menschen vorgesehen. Andere Übergänge treten mitunter auch ungeplant ins Leben – etwa dann, wenn Menschen bereits in sehr jungen Jahren ihre Eltern verlieren, wenn sie sich mit Arbeitslosigkeit konfrontiert sehen, wenn es zu einem Umzug in ein anderes Land kommt oder wenn Eltern erleben müssen, dass ihre Kinder vor ihnen sterben.

Übergänge sind emotional bewegendElternbildung

Übergänge der zuletzt skizzierten Art sind oft besonders schmerzlich. Dies darf allerdings  nicht darüber hinwegtäuschen, dass Übergänge grundsätzlich tiefe und im Regelfall auch starke  Emotionen wecken – denn Übergänge bringen es mit sich, dass das Leben, das Menschen für sich sowie im Zusammenleben mit anderen führen, in vielfacher Hinsicht neu gestaltet und geordnet werden muss.

In diesem Sinn zeichnen sich Übergänge dadurch aus, dass wir uns von vielerlei Gewohntem verabschieden müssen und einen Neubeginn zu starten haben. Das Abschiednehmen ist mitunter von Gefühlen der Erleichterung begleitet, oft aber auch von Gefühlen des Schmerzes. Und Phasen des Neubeginns zeichnen sich im Regelfall durch Hoffen und Bangen aus: Wir hoffen, dass möglichst viele Pläne aufgehen und vieles von dem gelingt, was wir für uns ersehnen, was wir uns vornehmen und was auf uns zukommt. Und wir wissen und machen auch immer wieder aufs Neue die Erfahrung, dass es für all das keine Garantie gibt. 

Umso aufmerksamer registrieren Menschen von klein auf in bewusster und unbewusster Weise, welche emotional bedeutsamen Erfahrungen wir in den Phasen des Abschiednehmens sowie in Phasen des Neubeginns machen. Und diese Erfahrungen sowie die Art, in der wir diese Erfahrungen innerlich verarbeiten, nimmt wiederum Einfluss darauf, wie wir in Zukunft Übergänge erleben und zu gestalten versuchen. 

All diese Prozesse sind sehr komplex und berühren sowohl bewusste als auch unbewusste Anteile unseres Wahrnehmens, Erlebens, Denkens und Verhaltens.
Es ist daher nachvollziehbar, dass die wissenschaftliche Befassung mit Übergängen in den letzten beiden Jahrzehnten besonders zugenommen hat und dass dabei frühen Übergängen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird – man denke an den Übergang zur Elternschaft, an Geburt oder eben an den Übergang von der Betreuung kleiner Kinder in der Familie hin zur Tagesbetreuung in Kinderkrippen oder Kindergärten.

Die „Eingewöhnung“ von Kleinkindern in die Kinderkrippe Elternbildung

Verschiedene Faktoren haben dazu beigetragen, dass der Thematik des beginnenden Krippen- oder Kindergartenbesuchs in jüngerer Zeit besondere Beachtung entgegengebracht wird. Dies hat insbesondere damit zu tun, dass die Nachfrage nach Plätzen in Krippen zugenommen hat. Eine wachsende Zahl an Kindern, Eltern und Angehörige des Kindergartenpersonals sehen sich folglich damit konfrontiert, dass es für junge Kinder im Regelfall besonders schwierig ist, sich von ihren vertrauten Bezugspersonen zu trennen. Dazu kommt, dass  neben Kindergärten auch Kinderkrippen vermehrt als Bildungseinrichtungen begriffen werden und daher auch aus diesem Grund die Sensibilität für Themen der Krippenpädagogik gestiegen ist.
Aus dieser Perspektive ist daher zu fragen, (a) in welcher Hinsicht die Gestaltung von „Eingewöhnung“ eine pädagogische Aufgabe darstellt und (b) nach welchen Gesichtspunkten zu entscheiden ist, ob „Eingewöhnung“ als gelungen angesehen werden kann. Vier Aspekte sind in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung:

  • Kinder, die in die Krippe kommen, haben bislang die meiste Zeit ihres Lebens mit vertrauten Bezugspersonen verbracht. Sie sind im Regelfall damit befasst, sich Schritt für Schritt aus der engen Beziehung zu ihren Eltern sowie zu anderen Bezugspersonen zu lösen. In dieser Zeit streben sie von sich aus keine Situationen an, in denen sie über einen längere Zeitstrecke hinweg von ihren vertrauten Bezugspersonen getrennt sind, da sie oft die Nähe und Verfügbarkeit ihrer Bezugspersonen brauchen, um sich sicher und geborgen fühlen zu können.

    Nun müssen sie aber erleben, dass sie nahezu tagtäglich zu einem bestimmten Zeitpunkt die vertraute Wohnung der Familie verlassen müssen, in die Kinderkrippe gebracht werden und sich dort von ihren vertrauten Bezugspersonen trennen müssen. Dies droht Emotionen des Schmerzes und der Wut, der Angst oder gar Panik sowie Gefühle der Hilflosigkeit zu wecken. Damit besteht die Gefahr, dass die Kinder von bedrohlichen Gefühlen überschwemmt werden, die sie kaum lindern können, zumal sie im Regelfall nur bedingt nachvollziehen können, weshalb sie sich nun regelmäßig von ihren vertrauten Bezugspersonen trennen sollen. Hinweise darauf, „dass Mama oder Papa ja bald wieder kommen werden“, können Kleinkinder zumeist auch nur bedingt als hilfreich erleben, da sie noch keine rechte Vorstellung von Zeit und Zeitspannen haben. 

  • Wenn sich in Kindern nicht allzu stark die Einstellung ausbilden soll, dass die Begegnung mit Neuem mit dem Aufkommen von negativen Gefühlen einher geht, dann gilt es Kleinkinder in der Phase der Eingewöhnung (1.) gezielt zu helfen, Situationen in der Krippe zusehends als angenehm oder gar lustvoll zu erleben. Dies geht mit der Entwicklung der Fähigkeit einher, alleine oder mit Unterstützung anderer angenehme Affektzustände erleben sowie unangenehme Emotionen lindern zu können. In diesem Sinn ist davon auszugehen, dass ein Gelingen dieser Übergangsaufgabe zur Steigerung der Fähigkeit der Kinder beiträgt, Emotionen zu regulieren und damit Vertrauen in sich und andere auszubilden. 
  • (2.) ist davon auszugehen, dass Kleinkinder zunächst vielen Gegebenheiten, die sie in der Krippe vorfinden, vergleichsweise geringes Interesse entgegenbringen. Verstehen sich Kinderkrippen als Bildungseinrichtungen, so zählt es allerdings zu ihren Aufgaben, das Interesse der Kleinkinder an dem, was es in der Krippe vorfindet, zu wecken und die Kinder darin zu unterstützen, sich aufmerksam und in explorierender Weise den Menschen und Gegenständen zuzuwenden, auf die sie in der Krippe treffen; zumal Kinder in der Krippe eine Umwelt vorfinden, die sich in vielfältiger Hinsicht von ihren familiären Welten unterscheidet und somit ein Anregungspotential in sich trägt, das Kleinkindern andere Interessens- und Erfahrungsbereiche zu erschließen vermag, als dies innerhalb der Familie möglich ist. 
  • Schließlich ist zu bedenken, dass sich die Kinder mit Beginn des Krippenbesuchs regelmäßig in einer Gruppensituation befinden. Es ist davon auszugehen, dass Kinder zunächst kaum in der Lage sind, mit anderen Kindern oder Erwachsenen in dynamische soziale Austauschprozesse einzutreten, die sich durch ein interaktives Wechselspiel und somit durch interaktive Abstimmungsprozesse zwischen den Interaktionspartnern auszeichnen. Sollen Kleinkinder in die Lage geraten, die Entwicklungsmöglichkeiten zu nutzen, die sich durch das Mitgestalten solcher Austauschprozesse – etwa beim gemeinsamen Turmbauen, Rollenspiel oder Herumbalgen – eröffnen, so ist es (3.) Aufgabe der Kinderkrippe, Kleinkinder dabei zu unterstützen, sich in solche Austauschprozesse einzulassen. Dabei gilt es Kindern zu helfen, Fähigkeiten auszubilden, die sie brauchen, um solche Austauschprozesse auch in ihrem Sinn steuern und beeinflussen zu können. 
  • Soll das Beschriebene gelingen, so benötigen Kinder (4.) andere Menschen, die verstehen, was in Kindern – insbesondere emotional – vor sich geht, und die ihnen dies verbal und nonverbal vermitteln (wozu beispielsweise auch einfühlsames Trösten zählt). Dies macht es Kindern möglich, emotionale Erfahrungen mit anderen zu teilen, und die Fähigkeit auszubilden, selbst zu verstehen, was sie emotional beschäftigt. Dies ist wiederum eine wichtige Voraussetzung dafür, belastende Gefühle durch „innerpsychisches Verdauen“ lindern zu lernen.

„Eingewöhnung“ ist demnach dann gelungen, 

  • wenn Kinder Situationen in der Krippe zusehends als angenehm oder gar lustvoll erleben,
  • wenn sie an den Menschen und Gegenständen interessiert sind, die sie in der Krippe vorfinden, und
  • wenn sie mit Kindern oder Erwachsenen lebendig interagieren.

Außerdem sollten Kinder erfahren haben, dass Erwachsene zu verstehen versuchen, was in Kindern emotional vorgeht, und sie sollten erfahren haben, dass sich Erwachsene darum bemühen, dies Kindern in verbaler und non-verbaler Weise zu vermitteln.  

Zur Problematik des Begriffs „Eingewöhnung“Elternbildung

Wie anspruchsvoll es ist, diese Übergangsaufgaben den Kleinkindern gegenüber wahrzunehmen, kann beispielsweise daran erkannt werden, dass manche Kleinkinder emotional ausgeglichen wirken, tatsächlich aber still leiden und belastende Gefühle in stummer Weise zum Ausdruck bringen, indem sie ziellos im Raum umhergehen, sich zurückziehen oder stereotype Bewegungen zeigen. Andere Kinder neigen dazu, sich besonders lebendig oder gar hyperaktiv zu verhalten, um belastende Gefühle vordergründig nicht spüren zu müssen. Alleine das verstehende Erfassen der emotionalen Zustände von Kleinkindern erweist sich aus dieser Sicht bereits als sehr schwierig.
Dazu kommt, dass Eingewöhnungsprozesse von Kindern äußerst unterschiedlich verlaufen. Entgegen weithin verbreiteten Vorstellungen sind Eingewöhnungsprozesse bei vielen Kindern auch nicht nach wenigen Tagen abgeschlossen: Emotional belastende Situationen wecken bei manchen Kleinkindern auch noch Monate nach dem Beginn der Krippenbetreuung schmerzliche Gefühle, ohne dass alleine daraus gleich geschlossen werden darf, dass „Eingewöhnung“ gescheitert ist.
All dies zeigt, dass der „Eintritt in die Kinderkrippe“ mit vielen Belastungen, Herausforderungen und Veränderungen verbunden ist, die im Übrigen nicht nur Kindern, sondern auch Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen sowie anderen Krippenkindern ein hohes Maß an Neuorientierung abverlangt. Es handelt sich dabei nicht bloß darum, dass sich Kinder an Neues oberflächlich „gewöhnen“, weshalb in diesem Text der Begriff der „Eingewöhnung“ unter Anführungszeichen gesetzt wird.

Zur Gestaltung früher „Eingewöhnung“Elternbildung

Wie sollten „Eingewöhnungsprozesse“ gestaltet werden? Aus wissenschaftlicher Sicht zeichnet sich eine hohe Qualität von „Eingewöhnung“ zumeist durch folgende Merkmale aus: 

  • Das pädagogische Personal eröffnet Kindern die Möglichkeit, zuerst gemeinsam  ihren vertrauten Bezugspersonen mit all dem Neuen vertraut zu werden, das sie in der Krippe vorfinden, ehe es zur Trennung von ihren vertrauten Bezugspersonen kommt.
  • Das pädagogische Personal bemüht sich, in gezielter Weise den vier Aufgaben von „Eingewöhnung“ gerecht zu werden, die oben beschrieben wurden.
  • Das pädagogische Personal nimmt darauf Bedacht, dass „Eingewöhnungsprozesse“ individuell unterschiedlich (lange) verlaufen. 
  • Das pädagogische Personal bespricht die Gestaltung des „Eingewöhnungsprozesses“ im Voraus mit Eltern und geht darauf ein, wie Eltern die „Eingewöhnung“ ihrer Kinder erleben und mitgestalten sollten.
  • Die Einrichtung weist einen Personalschlüssel auf, der es erlaubt, den pädagogischen Herausforderungen von „Eingewöhnung“ gerecht zu werden.

Zur Gestaltung der „Eingewöhnung“ in den KindergartenElternbildung

Viele Gesichtspunkte, auf die eben eingegangen wurde, betreffen auch die „Eingewöhnung“ von Kindern in den Kindergarten. Wichtig ist dabei, dass Kindergartenkinder nicht überschätzt werden: Wechseln sie von der Kinderkrippe in den Kindergarten oder beginnt mit dem Eintritt in das Kindergartenalter überhaupt erst die außerfamiliäre Betreuung, so sind die Kinder im Vergleich mit den „Krippenkindern“ zwar schon „groß“. Andererseits sind sie als drei- oder vierjährige Kinder nach wie vor „klein“ und verletzlich – und reagieren auf Trennung und Getrenntsein oft ähnlich sensibel wie kleinere Kinder. 

Folgen für späterElternbildung

In welcher Weise „Eingewöhnungsprozesse“ das weitere Leben von Kindern beeinflussen, kann im Detail nicht beantwortet werden. Denn Menschen machen beständig neue Erfahrungen, Trennungserfahrungen miteingeschlossen. All diese Erfahrungen hinterlassen Spuren und nehmen darauf Einfluss, wie Situationen künftig erlebt werden.
Die Spuren, die frühe Erfahrungen hinterlassen, bilden eine erste Basis, auf die Späteres aufbaut.  Deshalb ist es angebracht, Kinder von klein an dabei zu unterstützen, belastenden Gefühle nicht allzu stark und allzu lange ausgesetzt zu sein – Gefühle, die sie in Übergangsphasen erleben, miteingeschlossen.


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