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Hilfestellungen für erwachsene Vertrauenspersonen von Kindern und Jugendlichen bei Fragen zu religiösen Gruppen, Glauben und „Sekten“

von Mag.a Ulrike Schiesser

Elternbildung
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(Text gemeinsam verfasst mit Hanna Grabenberger)

Wir leben in einer diversen Gesellschaft, die auch in Bezug auf Glaubensvorstellungen sehr vielfältig ist. Jeder Mensch hat in Österreich das gesetzlich geschützte Recht auf Religionsfreiheit. Jugendliche dürfen ab 14 Jahren die eigene Religion aussuchen, wechseln oder keiner Gemeinschaft angehören[1]. Neben gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften und den staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaften[2] gibt es auch Vereine und Einzelpersonen, die für ein bestimmtes Angebot werben. Auf den Plattformen der Social Media werden auch esoterische Dienstleistungen, zum Beispiel auf TikTok unter #WitchTok, angeboten. Diverse Gruppen missionieren verdeckt und kontaktieren junge Personen mit scheinbar harmlosen Fragen, geben sich als Sprachbuddies aus, bieten Ferienlager an oder setzen sich für Frieden, Umwelt und soziale Anliegen ein. Dadurch werben sie neue Mitglieder an. Spirituelle und religiöse Angebote können unter bestimmten Umständen problematisch für Jugendliche und Kinder sein. Der vorliegende Text soll erwachsene Vertrauenspersonen dabei unterstützen, worauf sie bei religiösen/spirituellen Angeboten achten sollten und wie Kinder/Jugendliche im Umgang mit Gruppen begleitet werden können.

Worauf gilt es zu achten?Elternbildung

Kinder und Jugendliche kommen durch Social Media sehr leicht in Kontakt mit religiösen/spirituellen Gruppierungen. Oftmals bekommen Erwachsene vieles, was Kinder und Jugendliche auf Social Media sehen, gar nicht genau mit. Da es wichtig ist, die Privatsphäre der Teenager zu wahren, ist es sinnvoll, gemeinsame Regeln im Umgang mit Social Media zu vereinbaren. Machen Sie der jungen Person klar, dass sie sich immer an Sie wenden kann, wenn etwas Seltsames im Internet beobachtet wird. Eine gute Beziehungsebene und Kommunikationsgrundlage ist dafür eine relevante Voraussetzung. Betonen Sie, dass Sie nichts belächeln oder verurteilen wollen. Wichtig ist es, dass Sie nur dann Versprechungen machen, wenn Sie sich auch an diese halten können.

Wenn Sie mitbekommen, dass sich Ihr Kind für eine spezielle Gruppe oder ein Angebot besonders interessiert, versuchen Sie weder alarmierend noch ignorant zu reagieren. Bekunden Sie ehrliches Interesse und bedenken Sie, dass der wichtigste Schutz das Aufrechterhalten der Beziehung ist. Versuchen Sie, Ich-Botschaften zu formulieren („Ich sehe das anders“ und nicht „Du siehst das falsch“).

Bestimmte Angebote knüpfen an klassische Bedürfnisse im Jugendalter an. Erwachsene haben die Verantwortung, dass sich Kinder und Jugendliche nicht selbst und andere in Gefahr bringen. Mit Druck, Zwang oder Verboten kommt es bei Jugendlichen meist nicht zum Umdenken. Machen Sie Ihre eigenen Bedenken und Sorgen transparent und besprechen Sie, welche Bedürfnisse durch eine bestimmte Gruppenzugehörigkeit oder einen bestimmten Glauben erfüllt werden können. Außerdem sollen Jugendliche dabei unterstützt werden, sich selbst in Bezug auf die Gruppe zu reflektieren und Kritik an der Gruppe auszuhalten. Für manche Menschen kann eine Gruppe gefährlich werden, für andere nicht – es hängt viel davon ab, wie wir uns zu ihr verhalten.

Wann sollten erwachsene Vertrauenspersonen hellhörig werden?Elternbildung

Manche Gruppen versprechen Jugendlichen Erfolg und Geld, wenn sie Risiken eingehen und Geld investieren. Häufig wird davon gesprochen, dass man an sich und dem eigenen Mindset arbeiten muss, um sich persönlich positiv zu entwickeln.

  • Achten Sie darauf, wofür sich Ihr Kind Geld ausleihen will. Jugendliche sind oft großem gesellschaftlichen Druck ausgesetzt. Machen Sie Ihrem Kind klar, dass Sie es lieben, egal welche Leistung es erbringt.

Viele Gruppen im religiösen, spirituellen, esoterischen Bereich verbreiten ein sehr individualistisches Menschenbild. Es wird gesagt, dass jede Person für den eigenen Erfolg verantwortlich ist und an persönlichen Problemen selbst Schuld hat.

  • Betonen Sie, dass auch bestimmte Umstände einen Einfluss darauf haben, ob und wie erfolgreich wir sind. Begegnen Sie der*dem Jugendlichen mit Wertschätzung und erkennen Sie die Person an sich an. Versuchen Sie, nicht zu beschämen.

Die Probleme der Welt werden oft sehr vereinfacht erklärt und meist werden klare Schuldige für bestehendes Unrecht benannt. Die Welt wird in „Gut“ und „Böse“ eingeteilt und Gruppen geben vor, die Wahrheit gefunden zu haben. Dadurch fühlen sie sich anderen überlegen. Häufig wird in den Erzählungen viel Angst verbreitet.

  • Fragen Sie nach, was den*die Jugendliche*n beschäftigt und was als ungerecht empfunden wird. Die Suche nach Werten und Idealen ist in der Jugendzeit stark ausgeprägt. Versuchen Sie mit Beispielen und anhand von Nachfragen aufzuzeigen, dass die Welt komplex ist und es auch Grauzonen gibt. Überlegen Sie sich gemeinsam, wie man sich für eine bessere Welt engagieren kann.

In vielen Gruppierungen gibt es eine Autoritätsperson, zu der die Mitglieder aufschauen. Es kann sich dabei auch um bestimmte Vorbilder handeln, die für Jugendliche eine extrem wichtige Rolle einnehmen.

  • Im Teenageralter ist das Verhältnis zwischen Erwachsenen und Jugendlichen oft angespannt. Häufig rebellieren junge Menschen gegen die ihnen vertrauten Autoritätspersonen. Wir suchen uns gerne Gruppen, zu denen wir uns zugehörig fühlen. Es kann bequem sein, sich unter selbst gewählte Autoritäten unterzuordnen, aber auch toxische Dynamiken annehmen. Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, auch selbst gewählte Autoritäten zu hinterfragen. Erzählen Sie von eigenen Erfahrungen, wo es Ihnen schwergefallen ist, etwas gegen eine Gruppe oder Autoritätsperson zu sagen. Überlegen Sie gemeinsam, wie man sich gegen Manipulation schützen kann und sprechen Sie sich glaubhaft gegen jede Gewalt aus.

In manchen Gruppen herrschen strenge Regeln, welche die Selbstbestimmung der Mitglieder einschränken. Häufig gibt es außerdem sehr klare geschlechtliche Rollenbilder, die in Gruppen vertreten und religiös oder biologisch argumentiert werden.

  • Leben Sie selbst Toleranz in Bezug auf Geschlechtsidentitäten und sexuelle Orientierung vor. Wirken Sie starren geschlechtlichen Rollenbildern entgegen, da diese oft mit großem Stress und sozialen Erwartungshaltungen verbunden sind. Achten Sie darauf, ob Ihr Kind in Bezug auf Ernährung, Kleidung, Rituale oder Zeitaufwand für Gebete/Meditationen einem strengen Regelwerk folgt und sprechen Sie Ihre Sorgen an. Das ist insbesondere wichtig, wenn es durch das Engagement für die Gruppe zu einer Einschränkung des sozialen Umfelds der Jugendlichen kommt, Freundschaften und andere Interessen vernachlässigt werden und die Schul- und Berufsausbildung darunter leidet.

Vor allem im vertrauten Nahbereich kommt es besonders häufig zu sexualisiertem Missbrauch. In religiösen/spirituellen Gruppierungen besteht ein besonders starkes Machtgefälle und zugleich oft eine sehr persönliche Nahbeziehung. Es zeigt sich leider immer wieder, dass Personen häufig diese Macht und Nähe ausnutzen und intime Grenzen überschreiten.

  • Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, eigene Grenzen in Bezug auf Nähe und Distanz auszusprechen und respektieren Sie diese Grenzen auch selbst. Bieten Sie an, immer ein offenes Ohr zu haben und betonen Sie, dass die Betroffenen von sexualisierter Gewalt in keiner Weise selbst schuld sind. Zweifeln Sie Übergriffe, die Ihnen erzählt werden, nicht an.

Oftmals werden ein „Mainstream-Wissen“ oder „westliches“ Wissen generell abgelehnt und andere Methoden herangezogen, um für Gesundheit zu sorgen.

  • Nehmen Sie die*den Jugendliche*n als Gesprächspartner*in auf Augenhöhe wahr. Sie können die kritische Haltung auch würdigen und gleichzeitig Grenzen davon aufzeigen. Sprechen Sie darüber, was der Unterschied zwischen Glauben und Wissen ist und welchen Quellen Sie aus welchen Gründen vertrauen können.

Informieren Sie sich über gängige Trends auf Social Media und nutzen Sie das Angebot von Beratungsstellen.

Checkliste: Worauf können Sie als Erziehungsberechtigte achten?Elternbildung

Achten Sie vor allem auf eine gute Beziehungsebene und vermitteln Sie, dass sich Ihr Kind auf Sie verlassen kann. Wenn das Vertrauensverhältnis passt, öffnen sich Jugendliche leichter.

  • Verändert sich das Umfeld Ihres Kindes stark? Werden ehemalige Kontakte abrupt abgebrochen?
  • Ist es unklar, wohin viel Geld der jungen Person verschwindet?
  • Will sich Ihr Kind unverhältnismäßig viel Geld von Ihnen leihen?
  • Ist Ihr Kind sehr stark auf Leistung und Erfolg fokussiert?
  • Werden Probleme immer nur auf das eigene Versagen zurückgeführt?
  • Wird die Welt in „Gut“ und „Böse“ eingeteilt?
  • Behauptet die junge Person, den einzigen Weg zur Wahrheit gefunden zu haben?
  • Wird Gewalt befürwortet?
  • Hat Ihr Kind große Angst vor der Zukunft, vor einer globalen Katastrophe und vor einem Weltuntergang?
  • Fallen Ihnen sehr starke Typveränderungen auf? Werden der Kleidungsstil, Gesundheitsverhalten oder/ und die Ernährung stark verändert?
  • Werden bestimmte Männlichkeits- oder Weiblichkeitsideale angestrebt?
  • Bewundert die*der Jugendliche*r eine bestimmte Person in außergewöhnlichem Maß?
  • Werden andere Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Sexualität, Hautfarbe, Religion oder ihres Geschlechts schlechter gemacht?
  • Gibt es einen starken Fokus auf nur ein einziges Hobby/Interessensgebiet?
  • Werden von Ihnen bestimmte strenge Regeln eingefordert?
  • Kann Ihr Kind Grauzonen aushalten und Kritik an Aussagen annehmen?
  • Haben Sie das Gefühl, dass Ihnen ein Großteil des Lebens und der Gedanken des Kindes verschwiegen wird?

Viele der oben genannten Punkte können auch Teil einer normalen Entwicklungs- und Abgrenzungsphase im Jugendalter sein. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob der Einfluss einer Guru-Person oder einer religiösen/spirituellen Gruppe eine Rolle spielt oder konkrete Tipps für die Kommunikation mit Ihrem Kind suchen, wenden Sie sich an die Bundesstelle für Sektenfragen. Wir vereinbaren ein persönliches Gespräch das telefonisch, via Video-Conferencing-Tools oder in unserem Büro in Wien stattfinden kann. Die Beratung ist kostenlos und vertraulich.

Kontakt:Elternbildung

Bundesstelle für Sektenfragen
Wollzeile 12/2/19
1010 Wien

Tel: +43 (0)1/513 04 60

bundesstelle@sektenfragen.at
www.bundesstelle-sektenfragen.at

Links und LiteraturhinweiseElternbildung

Bundesstelle für Sektenfragen
https://www.bundesstelle-sektenfragen.at/

Kultusamt – Bundeskanzleramt
https://www.bundeskanzleramt.gv.at/kultusamt

Aktuelle Informationen zu Kircheneintritt-/-austritt und Religionen etc.
https://www.oesterreich.gv.at/themen/leben_in_oesterreich/kirchenein___austritt_und_religionen.html

Was heißt Religionsgemeinschaft und was sind Sekten?
https://www.demokratiewebstatt.at/thema/thema-religion-und-glaube/was-sind-religionsgemeinschaften-und-was-sind-sekten/

Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, SektenInfo Berlin
https://www.berlin.de/sen/jugend/familie-und-kinder/sekteninfo-berlin/

Zentrum Bayern Familie und Soziales, Bayerisches Landesjugendamt,
Konfliktträchtige religiöse/weltanschauliche Gruppierungen, siehe Fachbeiträge und Publikationen
https://www.blja.bayern.de/schutz/gruppierungen/index.php

Sekten-Info Nordrhein-Westfalen e.V., Deutschland – Themenbereich Kinder und Jugendliche
https://sekten-info-nrw.de/

https://sekten-info-nrw.de/information/artikel/schule

18.04.2023: Warnung vor religiösen fundamentalistischen Seiten und Gruppen auf Facebook
https://www.mimikama.org/religioese-fundamentalistische-gruppen-facebook/

19.04.2023: So werden Facebook-Nutzer in religiöse Extremgruppen gelockt
https://www.mimikama.org/facebook-nutzer-religioese-extremgruppen/

HÜMMLER, Holm Gero; SCHIESSER, Ulrike (2021): Fakt und Vorurteil. Kommunikation mit Esoterikern, Fanatikern und Verschwörungsgläubigen. Berlin: Springer

LAMBERTY, Pia; NOCUN, Katharina (2022): Gefährlicher Glaube. Die radikale Gedankenwelt der Esoterik. Köln: Quadriga

POHL, Sarah (2022): Spiritueller Schiffbruch. Sich selbst und anderen in Sinnnot helfen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht

PÖHLMANN, Matthias (2021): Rechte Esoterik. Wenn sich alternatives Denken und Extremismus gefährlich vermischen. Freiburg im Breisgau: Herder

https://www.bpb.de/system/files/dokument_pdf/Leseprobe_SR10826_Poehlmann_Rechte_Esoterik%20%28002%29.pdf (Zugriff: 22.12.2023).

 

[1] Vgl. Grundrechte in Bezug auf Religionsausübung (oesterreich.gv.at) (Zugriff: 19.12.2023).

[2] Vgl. Staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaften (oesterreich.gv.at) (Zugriff: 19.12.2023).


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