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Totalverbot oder Babysitter?

von Herbert Rosenstingl

Elternbildung
Elternbildung
Elternbildung

Im Rahmen einer österreichischen Jugendstudie wurden vor einigen Jahren 11- bis 18-Jährige gefragt, ob ihre Eltern die Spiele kennen, die sie spielen. Weniger als 30 Prozent der Jugendlichen bejahten diese Frage. Das bedeutet, dass über 70 Prozent der Eltern nicht wissen, was ihre Kinder spielen. In der Teilgruppe der 11- bis 14-Jährigen war dieser Wert übrigens nur geringfügig besser: Bei knapp 39 Prozent Zustimmung waren es immer noch über 61 Prozent, die es nicht wussten. Es gibt wenig Anzeichen dafür, dass sich die Situation seither wesentlich geändert hat. Angesichts der Aufgeregtheit, mit der die öffentliche Debatte um Computerspiele immer wieder geführt wird, erscheint dies verwunderlich: Wenn Eltern hören und lesen, dass Computerspiele ihre Kinder aggressiv oder süchtig machen, sollte man erwarten, dass sie zumindest darauf achten, was gespielt wird. Bei näherer Betrachtung wird die Situation der Eltern jedoch verständlich:

Erziehende sind mitunter von der rasanten Entwicklung auf dem Spielemarkt überfordert und verlieren den Zugang zu den Spielerfahrungen ihrer Kinder. Selbst Eltern, die mit dem PC oder der Spielkonsole aufgewachsen sind, können heute leicht den Überblick in den Play- und App-Stores der Smartphones verlieren. Wer sich nicht intensiv damit auseinandersetzt, ist schnell nicht mehr auf dem neuesten Stand der Spiele und Technologien. Zudem macht es die Lebenssituation vieler Familien oft schwer, Zeit für eine aktive Auseinandersetzung zu finden. Berufstätigkeit, vielleicht noch verbunden mit langen Pendelzeiten, soziale und gesellschaftliche Verpflichtungen außerhalb der Familie und nicht zuletzt das „Management“ des Haushalts – all das zehrt an den Zeitressourcen und Kräften der Eltern.

Solange es aber eine Gesprächsbasis und ein Mindestmaß an gegenseitigem Vertrauen gibt, sind Probleme vielleicht nicht ganz vermeidbar, aber lösbar. Dies gilt natürlich auch für die Mediennutzung und das Computerspielen von Kindern. Dies gilt umso mehr, als es sich sehr oft gar nicht um eklatante Probleme handelt, sondern lediglich um eine Situation, die aus den oben genannten Gründen als problematisch erlebt wird. In jedem Fall ist eine bestehende Gesprächs- und Vertrauensbasis die einzige notwendige Grundlage für eine aktive und positive Auseinandersetzung. Eltern müssen keine Fachleute für neue Medien werden und jedes Computerspiel kennen – sie sollten ihre Kinder kennen!

Ein wichtiger Schritt für eine solche produktive Auseinandersetzung ist es, sich die Vor- und Nachteile der drei immer wieder anzutreffenden Positionen bewusst zu machen:

Computerspiele sind keine Babysitter!Elternbildung

Es spricht absolut nichts dagegen, hin und wieder „froh zu sein“, wenn die Kinder gerade vor dem Computer oder der Konsole sitzen oder mit dem Tablet oder Smartphone spielen. Für die Eltern ergibt sich so ein wenig Zeit und Platz für notwendige Hausarbeiten, eine kurze Ruhephase oder ein Gespräch mit der Partnerin bzw. dem Partner oder den Freunden, die gerade zu Besuch sind. Wer jedoch meint, dass die mobile Spielkonsole die einzige Möglichkeit ist, eine Autofahrt mit dem Kind, oder einen Besuch im Gasthaus zu überstehen, darf sich nicht wundern, wenn es einige Jahre später schwierig wird, das Kind vom Bildschirm wegzubekommen. Langes Sitzen ist besonders für Kinder manchmal unangenehm, aber gelegentlich auch unvermeidbar. Das Computerspiel in den Händen lenkt von dieser unangenehmen Situation ab, es konzentriert die Aufmerksamkeit auf etwas Anderes. Das Spiel wird zum „Babysitter“, durch und mit dem das Kind unterhalten und versorgt ist. Damit sind aber auch die Möglichkeiten für das Kind eingeschränkt, andere Wege zu lernen, mit solchen Situationen, mit Langeweile, Stress oder Anspannung umzugehen. Computerspiele können als Alternative sehr hilfreich sein, solange es auch noch andere Möglichkeiten im Repertoire gibt, sich zu beschäftigen.

Totalverbote sind keine Lösung!Elternbildung

In Berichten über die „Gefährlichkeit“ von digitalen Spielen wird manchmal auch empfohlen, erst gar keine ins Kinderzimmer hinein zu lassen. Die Logik erscheint zunächst einleuchtend: wenn Computerspiele mit Gewaltdarstellungen die Spielenden aggressiv oder gewalttätig machen, dann muss man doch nur die Spiele von den Kindern fernhalten. Und damit sie sich nicht zuerst an das nette Katzenspiel am Smartphone als „Einstiegsdroge“ gewöhnen und dann später Kriegsspiele fordern, soll eben schon den Anfängen gewährt werden. Ein Totalverbot von Computerspielen birgt jedoch die Gefahr, dass das Verbotene nur noch interessanter wird. Digitale Spiele verschwinden ja nicht aus der Welt und irgendwer in der Klasse wird darüber begeistert erzählen. Kinder, die selbst Spiele kennen, können einschätzen, wie „toll“ oder „langweilig“ ein Spiel wirklich ist und können mitreden. Wer keine Spiele hat und kennt, wird neugierig – der Reiz des Verbotenen wird im vollen Umfang wirksam. Zudem kann das Verbot nur innerhalb der eigenen vier Wände durchgesetzt werden und selbst das ab einem gewissen Alter des Kindes nur mit massivem Kontrollaufwand. Ob und was bei Freundinnen und Freunden des Kindes gespielt wird, entzieht sich jedenfalls der Kontrolle. Wo die Erziehenden zu Hause noch die Chance hätten ins Gespräch zu kommen und das Spielverhalten zu kennen, ist das dann nicht mehr möglich. Das größte Problem ergibt sich bei dieser Position des familiären Totalverbotes jedoch dann, wenn der geäußerte Wunsch der Kinder nach einer Möglichkeit zum Computerspielen ohne glaubwürdige Begründung abgewiesen wird. Diese Glaubwürdigkeit setzt voraus, dass Werthaltungen nicht nur argumentiert, sondern auch vorgelebt werden. Gelingt dies nicht, dann ist ein Totalverbot keine Lösung, sondern schafft viel mehr weitere Probleme. Regeln für die Nutzung (sowohl betreffend Zeit als auch Inhalte) sind hier viel effizienter – dabei sollte so viel geregelt werden wie notwendig, jedoch so wenig wie möglich (siehe nächster Punkt!).

Gleichgültigkeit ist nicht Freiraum!Elternbildung

Kinder und vor allem Jugendliche wollen oft beim Spielen „in Ruhe gelassen“ werden und tatsächlich benötigen Kinder und Jugendliche Freiräume. Warum sollen nicht digitale Spiele diesen Freiraum darstellen? Diese Haltung ist durchaus nachvollziehbar und grundsätzlich richtig, solange es wirklich um Freiräume geht und nicht um Gleichgültigkeit. Der Freiraum ist das Ergebnis einer gemeinsamen Auseinandersetzung: es ist klar, um was es geht, was die Möglichkeiten sind, welche Fähigkeiten und Rahmenbedingungen Voraussetzung sind und wo der Freiraum endet. Gleichgültigkeit bedeutet, dass das Tun und Handeln in diesem Bereich keine Bedeutung hat, nicht wahrgenommen wird und dass man gar nicht wissen will, um was es geht. Es werden damit die Chancen verpasst, die eine aktive Auseinandersetzung bietet. Mehr noch: Kinder und Jugendliche nehmen diese Gleichgültig der Erziehenden mit hoher Wahrscheinlichkeit wahr. Die Botschaft, die damit vermittelt wird, ist: „Was du tust, ist mir egal“. Wenn es um Computerspiele geht, mag das die Kinder freuen. Wenn sie jedoch einmal Probleme haben, dann ist das keine gute Grundlage für ein vertrauensvolles Gespräch. Das Gewähren von Freiräumen unterscheidet sich demgegenüber in der Aussage grundlegend – sie lautet hier: „Du kannst hier tun was Du willst, ich vertraue Dir!“


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